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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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149Zusammenfassung runter eine Zuchtsau und zwei Mastschweine, und 25 Hühner ; das entsprach einer überdurchschnittlichen Vieh intensität von 1,3 GVE pro Hektar. An Maschinen wurden je eine Drill-, Dresch- und Häckselmaschine verzeichnet, die zusammen einen Neuwert von 1.160 Reichsmark darstellten ; die Maschinenintensität lag mit 309 Reichsmark über dem Durchschnitt. Neben dem Besitzerpaar lebten ein Al- tenteiler und eine neugeborene Tochter im Haushalt ; der V/A-Quotient betrug durchschnittliche 1,7 Personen. Der Mann verdingte sich gelegentlich als Musikant, wodurch er jährlich etwa 150 Reichsmark zum Familieneinkommen beitrug. Die wichtigsten Einnahmequellen waren Wein, Milch, Rind- und Schweinefleisch und Eier. Laut Kalkulation des Sachbearbeiters verblieben nach Abzug der Betriebs- ausgaben und Lebenshaltungskosten jährlich etwa 300 Reichsmark. Neben dem „guten Eindruck“, den der Sachbearbeiter von der Frau gewann, charakterisierte er den und die Antragsteller/-in als „sehr sparsam, pünktliche Zahler“ ; damit war die „Entschuldungswürdigkeit“ gegeben, ohne dass Auflagen notwendig schienen.280 2.9 Zusammenfassung Dieses Kapitel hat das Feld der (unter-)bäuerlichen und gutswirtschaftlichen Betriebs- und Haushaltsführung im Reichsgau Niederdonau zu Beginn der NS- Herrschaft vermessen. Die zeitgenössische Agronomie konstruierte den Hof als ganzheitlichen Organismus ; damit folgte sie der Organismustheorie des agrarwis- senschaftlichen Fachdiskurses im Kontext der sich formierenden Wissensgesell- schaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz seit der Jahrhundertwende. Die Therapien gegen die vermeintlichen Krankheiten des „Hoforganismus“ erfor- derten präzise Diagnosen ; damit gewann agrarstatistisches Wissen an Bedeutung für die politisch-ökonomische Steuerung des ‚nationalen Hofes‘. Die Methoden der konventionellen Agrarstatistik  – Betriebszählungen und Buchführungsergeb- nisse  – vermochten diese Funktion nicht zu erfüllen. Als unkonventionelle Lö- sung dieses Steuerungsproblems führte der NS-Agrarapparat dezentrale, laufend aktualisierte Datensammlungen  – Hofkarten und Kreiswirtschaftsmappen  – ein. Auf diese Weise wandelte sich die Agrarstatistik, die sich im 19. Jahrhundert als Vermittlerin zwischen Nationalstaat und Zivilgesellschaft herausgebildet hatte, zu einem Machtdispositiv des totalitären NS-Staates. Entsprechend der Organismustheorie des Hofes suchte die Agrarstatistik Ende der 1930er, Anfang der 1940er Jahre Agrarsysteme als Merkmalskombinationen von Betrieben und Haushalten zu konstruieren. Die landwirtschaftliche Betriebs- zählung 1939 bezog sich auf Flächengrößenklassen ; die Buchführungsstatistik 1937 baute auf Formen der Bodennutzung auf ; die Hofkartenstatistik 1939 unter-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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