Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Page - 230 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 230 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Image of the Page - 230 -

Image of the Page - 230 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Text of the Page - 230 -

230 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe Hauswirtschaft ab ; davon ausgenommen waren Verheiratete und bereits in diesen Wirtschaftszweigen Beschäftigte.312 Die ausgewählten Fälle lassen erahnen, dass Erbhofeigentümer mit sich verschärfendem Arbeitskräftemangel infolge „Land- flucht“ und Militärdienst313 die gesetzlichen Anforderungen der „Wirtschafts- fähigkeit“ in immer geringerem Maß erfüllen konnten. Damit liefen vor allem Frauen als Betriebsleiterinnen von kleineren Erbhöfen in abgelegenen Gebieten, die fehlende Familienarbeitskräfte kaum durch Kriegsgefangene oder ausländische Zivilarbeiter/-innen ersetzen wollten oder konnten,314 in erhöhtem Maß Gefahr, ihre Wirtschaftsführung vor dem AEG rechtfertigen zu müssen. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort Die landwirtschaftliche „Arisierung“, gekoppelt mit der „Neubildung deutschen Bauerntums“, sowie die Erbhofgerichtsbarkeit markierten die Extreme der nati- onalsozialistischen Bodenpolitik ; sie betrafen zusammen rund 800.000 oder gut ein Drittel der 2.200.000 Hektar land- und forstwirtschaftlicher Betriebsfläche in Niederdonau.315 Dazwischen lag die Normalität des „ländlichen Grundstücksver- kehrs“, des Transfers von Landparzellen in den Händen der Eigentümer/-innen und Nutzer/-innen. Auch das darauf bezogene Regelwerk sollte die uneingeschränkte Verfügung über Grund und Boden gemäß der „liberalistisch-kapitalistische[n] Auffassung vom Privateigentum“ beseitigen ; stattdessen wurde der Landbesitz ge- mäß dem „öffentlichen Interesse“ der staatlichen Kontrolle unterworfen.316 Kurz, der staatlich gesteuerte „Grundstücksverkehr“ sollte den von Privatinteressen be- herrschten Bodenmarkt ablösen. Dies wäre auf die Einzementierung der bäuerli- chen Grundbesitzverhältnisse hinausgelaufen : Eigentümerwechsel konnten abge- lehnt, Pachtverträge fortgeschrieben werden. Doch wie wurden die Normen des „Grundstücksverkehrs“ in der Praxis wirksam ? An (unter-)bäuerlichen Betrieben in den Regionen Litschau, Mank und Matzen sowie Gutsbetrieben im Kreis Gän- sern dorf 1941 bis 1944 soll diese Frage beantwortet und, mit Bezug auf Agrarsys- teme und korrespondierende Landwirtschaftsstile, interpretiert werden. Für die Jahre vor 1941 sind mangels Hofkartendaten zwar keine feingliedri- gen Auswertungen möglich ; doch bietet die Auswertung von Buchführungsergeb- nissen für die Landesbauernschaft Donauland für die Wirtschaftsjahre 1938/39 (145 Betriebe) und 1939/40 (126 Betriebe)317 grobe Anhaltspunkte für das letzte Friedens- und das erste Kriegsjahr (Tabelle 3.12). Die Flächenausstattung ent- wickelte sich, je nach Produktionsgebiet, in unterschiedlicher Weise : Während manche Buchhaltungsbetriebe, vor allem jene im Pannonischen Flach- und Hü- gelland, an Kulturfläche hinzugewannen, verzeichneten andere, vor allem jene im
back to the  book Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schlachtfelder