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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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585Lange Schatten, kurzer Prozess der Produktion, Marktordnung, Bewirtschaftung und Kriegswirtschaftsstrafrecht im Bereich der Distribution. Jeweils zwei der drei Regulative des Produktionsbe- reichs  – Appell und Anreiz  – und des Distributionsbereichs  – Marktordnung und Bewirtschaftung  – zielten auf den Einschluss der ordnungsgemäß wirtschaftenden Akteure. Jeweils ein Regulativ  – Aufsicht und Kriegswirtschaftsrecht  – bezweckte den Ausschluss von Akteuren, die aus der herrschenden Ordnung ausscherten. Wir können daher ‚positive‘ inklusive von ‚negativen‘ exklusiven Marktregulatio- nen unterscheiden. Entgegen der Annahme eines Gegensatzes  – hier die Ordnung, dort das Chaos  – bedingten Ordnung und Chaos einander : Erst die „Erzeugungs- schlacht“ legte die Messlatte so hoch, dass weniger leistungsfähige oder -willige Betriebsleiter/-innen daran scheiterten  – und der behördlichen Aufsicht bedurften. Erst die Marktordnungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen schufen die Nach- frage, auf die das Angebot des „Schwarzmarktes“ reagierte  – und die Strafverfol- gung von Kriegswirtschaftsdelikten in Gang setzte. Kurz, „Chaos ist äußerer Ge- gensatz der Ordnung und gleichzeitig ihr bewegendes Prinzip, in ihr aufgehoben und Movens ihrer Veränderung.“62 Einerseits relativiert der Zusammenhang von Ordnung und Chaos des Marktes jene Makromacht, die der Nationalsozialismus für sich in Anspruch nahm. Andererseits fokussiert er auf die Mikromacht, die die Beherrschten aufeinander und gegenüber den Herrschenden ausübten. Eine Arena, in der diese Perspektive einiges zu erhellen vermag, eröffnete die ländliche Schattenwirtschaft. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess Der Ort, an dem die ländliche Schattenwirtschaft in den amtlichen Blick rückte, war das Sondergericht. Sondergerichtsverfahren zu Verstößen gegen das kriegs- wirtschaftliche Regelwerk beleuchten die Grauzonen ländlichen Wirtschaftens. Die Basis dafür bilden 131 Kriegswirtschaftsverfahren vor Sondergerichten im Oberlandesgerichtsbezirk Wien mit 206 Schuldsprüchen gegen landwirtschaftlich Beschäftigte aus Niederdonau 1940 bis 1945.63 Freilich folgen die Sondergerichts- akten zunächst den Perspektiven der Polizei- und Justizbehörden. Die Amtsorgane trachteten danach, die ins Visier geratenen Akteure auf die Positionen des Rechts- diskurses  – den „Kriegsschieber“ und dessen Spielarten64  – zu beziehen. Doch das amtliche Streben nach Erhellung dessen, was zunächst im Dunkeln lag, lässt an- satzweise auch die Perspektiven der übrigen Verfahrensbeteiligten erkennen. Die Verdächtigen, Angeklagten und Verurteilten bezogen  – teils unmittelbar, teils ver- mittels ihrer Rechtsvertreter  – durch ihre Aussagen selbst Position. Gewiss folgten die Aussagen vor Polizei- und Gerichtsorganen meist dem Kalkül, der drohenden
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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