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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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347 „Menschenökonomie“ vor Ort tigten sicherzustellen. Extrinsische Motivation und explizite Kontrolle verur- sachten hohe Material- und Personalkosten, wie in der Zwangsarbeit mit Lager- unterbringung. Implizite Kontrolle ließ sich durch soziokulturelle Einbindung herstellen, wie in der Zwangsarbeit am Hof. Intrinsische Motivation konnte durch ökonomischen Ausgleich, etwa bessere Verpflegung, gesteigert werden, so etwa in der Lohnarbeit. Die bäuerliche Familienwirtschaft bot ein institutionelles Arran- gement, das beide Strategien der Senkung von Transaktionskosten verband : Sie suchte nicht nur Familienangehörige, sondern auch familienfremde Arbeitskräfte zu einer Solidargemeinschaft zu vereinen ; dadurch vermochte sie intrinsische Mo- tivation und implizite Kontrolle alltäglich (wieder-)herzustellen (Abbildung 4.17). So gesehen erscheint die familienwirtschaftliche Grundregel „gemeinsam arbei- ten  – gemeinsam essen“ weniger als Ausdruck der Resistenz des bäuerlich-katho- lischen Milieus,333 sondern als höchst effiziente Institution334  – auch und gerade in der Zwangsarbeit. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort Die vergangenen Abschnitte rücken vor allem die familienfremden Arbeitskräfte in- und ausländischer Herkunft in den Mittelpunkt. Nun gilt das Augenmerk der Gesamtheit der in der Landwirtschaft Beschäftigten, so auch den Angehörigen der (unter-)bäuerlichen Familien. Neben dem „Anschluss“ im März 1938 mit der nachfolgenden, durch den Rüstungsboom angeheizten „Landflucht“ stellten der Kriegsbeginn im September 1939 sowie der Übergang von den „Blitzkriegen“ zum Abnützungskrieg 1941/42 entscheidende Wendemarken des „Arbeitseinsatzes“ dar. Während die verfügbaren Hofkartendaten die Jahre ab 1941 abdecken, ver- mitteln die Buchführungsergebnisse der Landesbauernschaft Donauland einen Überblick zum regionalen Arbeitskräftebesatz im letzten Friedens- und ersten Kriegsjahr (Tabelle 4.11). Zwar hatten die Zahlen der Arbeitskräfte, vor allem der Familienangehörigen und des Gesindes, bereits im Wirtschaftsjahr 1938/39 durch die „Landflucht“ abgenommen ; dennoch brachte das Wirtschaftsjahr 1939/40 er- neut absolute oder relative Einbrüche, die zweifellos aus der Mobilisierung männ- licher Landarbeitskräfte für die Deutsche Wehrmacht folgten. Gemessen an der Gesamtzahl der Arbeitskräfte verzeichneten das Flachland südlich der Donau, das Bergland des böhmischen Massivs und das Alpengebiet bedeutende Verluste. Hinsichtlich der Arbeitskräftedichte erfuhren nahezu alle Regionen mehr oder weniger dramatische Rückgänge. Diese Schwankungen wurden aber auch durch Veränderungen der Betriebsgröße  – im Pannonischen Flach- und Hügelland durch den Anstieg, im Flachland südlich der Donau durch den Abfall  – mitbestimmt. Im
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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