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nen geprägt sind.40 Annegret Hoberg verweist darauf, dass in Kubins Frühjahren
in München seine „anstößigen Zeichnungen“ im Freundeskreis die Runde mach-
ten und ihm zu einem ersten (internen) Ruhm verholfen hätten, bevor er es zu ei-
gentlicher Berühmtheit gebracht habe.41 Den geschlechterbezogenen Zeichnungen
jener Jahre, für die es zeitweilig den Plan gab sie in einer eigenen „Weiber-Mappe“
herauszubringen,42 ist eines gemein: Frauen erscheinen entweder in einer ohn-
mächtigen, ausgelieferten Situation, wie im Blatt „Eine für alle“ (Abb. 13) oder „Die
40 Vgl. dazu besonders Christoph Settele, Zum Mythos Frau im Frühwerk Alfred Kubins, Luzern
1992. In Bezug auf die Darstellung von Schwangeren verweist Settele zwar auch auf die bereits
zitierte Stelle in der Autobiographie, kontextualisiert diese aber in breiteren kulturhistorischen Zu-
sammenhängen. Vgl. ebd., 28 ff.
41 Annegret Hoberg, Alfred Kubin – Die Inszenierungen eines Künstlers im München der Jahrhun-
dertwende, in: Peter Assmann/Peter Kraml (Hg.), Die andere Seite der Wirklichkeit. Ein Sympo-
sium zu Aspekten des Unheimlichen, Phantastischen und Fiktionalen, Linz, Salzburg 1995, 11–30,
12. Hinzugefügt werden darf vielleicht noch, dass der Verkauf erotischer Blätter vor der massenhaf-
ten Verfügbarkeit pornographischer Inhalte (in Zeitschriften, heute Internet) für Künstler ein sehr
lukratives Zubrot sein konnte.
42 Brockhaus vermutet, dass die betreffenden Zeichnungen aus der 1903 erschienenen Weber-Mappe,
Kubins erster größerer Erfolg, aus Rücksicht auf ein bürgerliches Publikum ausgespart wurden, es
aber geplant war sie in einer eigenen „Weiber-Mappe“ zu veröffentlichen. Vgl. Peters/Brockhaus
(Hg.), Alfred Kubin, 150. Abb. 13: Alfred Kubin,
Eine für alle, um 1901
Open-Access-Publikation im Sinne der Lizenz CC BY 4.0
Zeitwesen
Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Title
- Zeitwesen
- Subtitle
- Autobiographik österreichischer Künstlerinnen und Künstler im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft 1900–1945
- Author
- Birgit Kirchmayr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23310-7
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 468
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Einleitung 11
- Fragestellung und Ausgangsthesen 11
- Theoretische Bezugsrahmen 14
- Quellen 17
- „Zeitwesen“ oder: die ProtagonistInnen 20
- 1 Auto/Biographieforschung – KünstlerInnenforschung 33
- 2 KünstlerInnen über sich 79
- 2.1 Alfred Kubin – ein autobiographical life 80
- 2.2 Oskar Kokoschka – der biographische „Jongleur“ 105
- 2.3 Aloys Wach – Selbstbespiegelungen eines Suchenden 136
- 2.4 Erika Giovanna Klien – Autobiographische Fragmente 150
- 2.5 Margret Bilger – Autobiographisches wider Willen 164
- 2.6 Erstes Resümee oder: Wie KünstlerInnen über sich schreiben und dabei „biographische Formeln“ verwenden 175
- 3 KünstlerInnen und gesellschaftliche Diskurse 179
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 3.1.1 Alfred Kubin und die Misogynie der Moderne 185
- 3.1.2 „Mörder, Hoffnung der Frauen“: Oskar Kokoschka und die (modernen) Amazonen 206
- 3.1.3 Erika Giovanna Klien – schwierige Emanzipationswege einer „neuen“ Frau 214
- 3.1.4 Zerrissenheit und Identitätssuche – Geschlechterbilder bei Margret Bilger 220
- 3.2 Geschwindigkeit – Fortschrittseuphorie versus Kulturpessimismus 232
- 3.2.1 Alfred Kubins Traumstadt „Perle“ als Versuchsstation der Fortschrittsverweigerung 236
- 3.2.2 „Im Riesengefängnis New York“: Erika Giovanna Klien und ihr Verhältnis zu Stadt, Geschwindigkeit und Technik 245
- 3.2.3 Der Rückzug aufs Land: Alfred Kubin und Margret Bilger 256
- 3.2.4 „Haste nicht und raste nie. Sonst hastet die Neurasthenie“: ein Exkurs zum Nervendiskurs 264
- 3.3 Esoterik – Spirituelle Sinnsuche im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert 271
- 3.4. Zweites Resümee oder: Welche Diskurse der Moderne die KünstlerInnen bewegten 308
- 3.1 Der Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts 180
- 4 KünstlerInnen und Politik – Von der Monarchie bis zum Nationalsozialismus 313
- 4.1 Die Legende vom unpolitischen Künstler – Zum Verständnis von Kunst und Politik bis 1945 315
- 4.2 Erster Weltkrieg und das Ende der k. u. k. Monarchie 319
- 4.3 Zwischen den Kriegen: Revolution(en), Republik(en), „Ständestaat“ 349
- 4.3.1 Der „Kunstlump“ – Oskar Kokoschka und die (deutsche) Revolution 353
- 4.3.2 Aloys Wach und die Münchner Räterepublik 360
- 4.3.3 Aus der Distanz: Erika Giovanna Klien und die österreichische Zwischenkriegszeit 368
- 4.3.4 „Weil ich nicht in der Vaterlandspartei bin“: Positionen zum „Ständestaat“ bei Oskar Kokoschka und Alfred Kubin 373
- 4.4 Nationalsozialismus 382
- 4.4.1 „… diese stummen Geister der Auflehnung“: Alfred Kubin und der Nationalsozialismus 385
- 4.4.2 Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten“ Künstlers 397
- 4.4.3 „22° Waage“: Aloys Wach und der Nationalsozialismus 404
- 4.4.4 „… hätte ich aber die conträren Gesinnungen“: Margret Bilger und der Nationalsozialismus 409
- 4.5 Drittes Resümee oder: Wie politisch waren die „unpolitischen“ KünstlerInnen? 422
- Dank 426
- Abkürzungsverzeichnis 428
- Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 429
- Quellen- und Literaturverzeichnis 431
- Archive und Sammlungen 431
- Zeitungen/Zeitschriften/Jahrbücher 432
- Literatur und gedruckte Quellen 432
- Personenregister 463