Seite - 109 - in Medienraum Diaspora - Verortungen zeitgenössischer iranischer Diasporafilme
Bild der Seite - 109 -
Text der Seite - 109 -
112 Neue diasporafilmische Räume
stimmte Identität kulminiert am Ende des Filmes in einer Szene am New Yorker
Flughafen John F. Kennedy: Maryam beschließt, um den Schein zu wahren, mit
einem ihrer aufdringlichen Verehrer gemeinsam nach Amsterdam zu fliegen. Als
sie bemerkt, dass sie ihren Pass nicht bei sich hat, steigt sie in einen Koffer und
lässt diesen aufgeben. Ab diesem Zeitpunkt ist zunächst sekundenlang ein
schwarzes Bild zu sehen und lediglich Maryams Atmen zu hören. Die Kamera
nimmt ihre Perspektive ein, das Gefühl der Beklemmung wird visualisiert. Ma-
ryam wählt den engsten vorstellbaren Raum, wo all ihre Emotionen kulminieren,
um die Emanzipation aus ihren Zwängen zu vollziehen. Die Kamera folgt dem
Koffer auf dem Förderband und changiert zwischen Innenperspektive und Au-
ßenperspektive. Als der Koffer vom Förderband heruntergenommen wird und
zum Stillstand kommt, schlüpft Maryam aus dem Koffer und läuft zum Ausgang
Richtung New York City33. Der Zwischenraum ist hier auf verschiedenen Ebe-
nen sichtbar: einerseits in Form des Flughafens, der per se ein Ort des Übergan-
ges und der Überschreitung ist und dem das Moment der Mobilität innewohnt,
und andererseits in Form des Koffers, der nicht nur Reise, sondern auch Ankunft
symbolisiert. Die Szene bildet die Auflösung des Filmes für die weibliche
Hauptfigur Maryam, die den Übergang von Iran in die Vereinigten Staaten sowie
von einem verheirateten zu einem ledigen Status und damit schlussendlich von
einem fremdbestimmten zu einem selbstbestimmten Leben markiert. Der Flugha-
fen bildet hierbei den Zwischenraum in der Funktion als Übergangsraum, wie
auch schon in der ersten Sequenz des Filmes, als Maryam mit ihrem Mann Haji
am Flughafen ankommt. In dieser Szene läuft Maryam ihrem Mann desorientiert
und unsicher Richtung Ausgang nach. In einer Aufsicht, die die amerikanische
Flagge ins Zentrum setzt, gleitet ihr Tschador von ihren Schultern34. Die Symbo-
lik der zugleich schützenden und einengenden Umhüllung des Tschadors hallt im
Motiv des Koffers wider. Der Koffer ist hierbei das Symbol sowohl für Aufbruch
Medienraum Diaspora
Verortungen zeitgenössischer iranischer Diasporafilme
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 1
- 2 Diaspora/Film im Wandel 33
- 3 Verortung der iranischen Diaspora 65
- 4 Neue diasporafilmische Räume 107
- 5 Post-Diasporafilm oder Postdiaspora-Film? Ein Fazit 227
- Bibliographie 241
- Filmographie 267