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28 | Die Auftragsvergabe
vollständig zu verfertigen, und anhero zu stellen, also zwar, das in solcher seiner tischler arbeith
keine außstellung gemacht werden könne.
Dahingegen andertens verspröchen hochgedacht ihro gnaden herr herr prelath etc. vor obbesagte
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thürl 4 fl erhalten Thomas Schüffer nebst seiner gewöhnlichen kost in gnaden zu bezahlen.
Getreulich, und ohne gevärde, auch mit und bey verpindtung des allgemeinen landtschadenpundts
in Steyer. Zu wahrer urkhundt dessen seint diser contract zway gleichlauthende aufgerichtet, und
iedem […] contrahirenden thaill einer unter des andern handtschrüfft, und fertigung becröftiget
worden. Stüfft Rhein den 28. April 1743 Thomas Schüffrar.4
Es ist davon auszugehen, dass sich Placidus Mally und Thomas Schiffer auf den Ver-
tragstext verständigten, nachdem der Abt dem Tischler seine Erwartungen hinsicht-
lich des Aussehens und der Qualität des Gestühls erläutert hatte. Eventuell hatte
der Abt auch eine Skizze zur Hand, um seine Vorstellungen zu veranschaulichen.5
Außerdem dürfte er im Gespräch über die Grazer Domkirche und ihre Ausstattung
(Abb. 152, 157, 158) informiert haben, finden sich etliche formale Lösungen an den
dortigen Möbeln doch am Chorgestühl in Rein als Zitate wieder.
Wie üblich werden in der Vertragseinleitung Auftraggeber und Handwerker na-
mentlich genannt, an prominenter Stelle steht außerdem das Datum, unter dem das
Schreiben verfasst wurde. Die Formulierung Thomas Schüffer bestelten tischlergesöllen
alhier zeugt davon, dass Schiffer eine eigene Werkstatt auf dem Herrschaftsgebiet des
Klosters besaß und unter dem Schutz der Abtei stand. Wie ein Hofhandwerker war
er damit nicht an die Gesetzgebung der Zünfte gebunden, sondern konnte als Geselle
einen eigenen Handwerksbetrieb führen und die Herstellung des Chorgestühls ins
Werk setzen.6
4 StAR, Lade M/XXXV : Tischler und Tapezierer. Die Quelle wurde bereits auszugsweise veröffentlicht.
Gigler, Umbauten (1924), 65 (Quellenanhang). Zur Art der Transkription dieser und anderer Quellen
vgl. die Einführung zum Katalogteil.
5 In Italien waren Vertragsskizzen bei der Bestellung eines Gemäldes seit der Mitte des 15. Jahrhunderts
allgemein gebräuchlich. O’Malley, Business (2005), 197. Ob es eine vergleichbare Vorgehensweise in
Österreich gab, ist nicht bekannt.
6 Wolfgang Dobras bezweifelt die These, dass Hofhandwerker grundsätzlich jenseits der Zünfte gestanden
hätten. Dobras, Hofhandwerker (2017), 28. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass Hofhandwerker von
dem engen Korsett, das die Zunftgesetze bürgerlichen Handwerkern anlegten, befreit waren. Im nach-
folgenden Kapitel, besonders aber im dritten Band der Untersuchung, der einen umfassenden Beitrag zu
Zünften und Zunftordnungen zum Inhalt hat, wird dieser Frage im Hinblick auf österreichische Tischler
nachgegangen. Zu den verschiedenen Rechtsformen, die mit dem Titel des Hofhandwerkers verbunden
waren, vgl. Haupt, Hofhandwerk (2007), bes. 13–26.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587