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Barocke Möbel und sakraler Raum |
67Resümee
pektive der Kirchenbesucher stehen die Möbel in einem denkbar ungünstigen Winkel
zum Längsschiff. Laien, denen der Zugang zum Chorraum verwehrt ist, erkennen
nur wenige Fragmente der »Reliefschauwände«.139 Der Inhalt der geschnittenen Bil-
der bleibt ihnen verborgen. Die Selbstdarstellung der Konvente richtete sich folglich
an die eigene Mönchsgemeinschaft sowie an fremde Geistliche, die im Chorraum an
Chorgesang und Eucharistiefeier teilnahmen.140 Eindrucksvoller können hierarchi-
sche Unterschiede kaum zum Ausdruck gebracht werden.
Anthony Blunt vertritt die These, in Mittel- und Osteuropa hätte es im 18. Jahr-
hundert bei der Errichtung neuer und der Renovatio bestehender Kirchen zur Auf-
gabe der Architekten gehört, künstlerische Gesamtkonzepte zu entwickeln.141 Tat-
sächlich konnten für bedeutende schwäbische Klöster, die zwischen den 1720er- und
den 1760er-Jahren barockisiert wurden, Bestrebungen nachgewiesen werden, den
Innenraum durch eine Synthese aller Kunstgattungen zu einem großen Kunstwerk
zu vereinen.142 Und auch bei den hier untersuchten Sakralbauten waren besonders
in Verbindung mit St. Pölten, Melk und Dürnstein ähnliche Tendenzen zu beobach-
ten. Andererseits ergaben Studien zu österreichischen Klöstern, zu denen ebenfalls
Melk und Dürnstein zählen, dass das Aussehen der Interieurs oft erst während der
Entstehung der Bauwerke geplant und festgelegt wurde. Das vermag schon deshalb
nicht zu überraschen, da sich Bau und Innendekoration von Kirchen häufig über Jahr-
zehnte hinzogen, was einen natürlichen Wechsel von Auftraggebern und Handwer-
kern sowie Projektänderungen aufgrund neuer Modeerscheinungen zur Folge hatte.
Die Annahme einer vor dem Baubeginn abgeschlossenen Planung entspricht wohl
nur in außergewöhnlichen Fällen der historischen Realität. Gleichwohl achtete man
beim Umbau von Kirchen häufig sehr genau auf ein einheitliches Erscheinungsbild.
Unter anderem führte das dazu, dass man in Melk bereits fertiggestellte Ausstattungs-
stücke partiell überarbeitete, um sie neueren Objekten anzugleichen.143 Möbel, die
zuvor klar vom Baukörper getrennt und »mobil« waren, konnten im zweiten Viertel
des 18.
Jahrhunderts zu einem festen Bestandteil der Architektur werden, sie konnten
in ein Raumkunstwerk integriert und mit der Architektur fest verbunden werden.144
139 So bezeichnet Ulrike Weiß diese besondere Art von Gestühlsrückwänden. Vgl. herzu auch Weiß, Bil-
der (1998), bes. 31–51.
140 Dass es wie in St.
Florian Laien gestattet war, sich im Chorraum der Kirche aufzuhalten, wird eher die
Ausnahme gewesen sein.
141 Blunt, Kunst (1979), 172.
142 Weiß, Bilder (1998), 50–51. Sybe Wartena vermutet, dass in seltenen Fällen schon im 17. Jahrhundert
mit Gesamtplanungen zu rechnen sei. Wartena, Süddeutsche Chorgestühle (2008), 126–131.
143 Euler-Rolle, Form (1983), 157–159 ; Lorenz, Raumfolge (1993), bes. 291 ; Erichsen, Gesamtkunstwerk
(2011), bes. 134.
144 Um 1780 standen in Pariser Salons »chaises courantes« im Rauminnern, »fauteuils« und »canapés
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587