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80 | Österreichische Kunstlandschaften und regionale Charakteristika
Etliche Salzburger Möbel sind mit aufwendigen Furnieren versehen, das Interieur
in der Sakristei der Salzburger Domkirche (Farbtaf. 13 ; Abb. 117–120) liefert hierfür
ein anschauliches Beispiel.175 Zugleich bestehen viele barocke Sakral- und Profan-
möbel in der Stadt selbst und in ihrem Umland aus massivem, oft mit Schnitzarbei-
ten verziertem Zirbenholz. Dabei unterscheiden sich Salzburger Paramenten- und
Kleiderschränke durch ihre Konstruktion von Exemplaren anderer österreichischer
Kunstzentren : Der vertikale Aufbau mit Sockel, Hauptgeschoss und abschließendem
Gebälk entspricht zwar der üblichen Massengliederung, doch stattete man die Kästen
jener Kunstlandschaft nicht nur im Sockel, sondern auch im Möbelhaupt mit Schubla-
den aus (Abb.
80, 113, 116). Die Bekrönungen besitzen deshalb einen komplizierteren
Aufbau, als wir das von anderen Schränken her kennen. Sie mussten um Lauf- und
Streichleisten ergänzt werden und solide genug konstruiert sein, um der mechanischen
Beanspruchung durch das Bewegen der Laden standzuhalten.
Ein besonderes Aussehen charakterisiert außerdem die Wangen von Kirchenbän-
ken in der Stadt an der Salzach : Unzählige Beispiele belegen, dass die Wangen sonst
in Österreich als Einheit aufgefasst wurden. Die durchlaufende Umrissform fasst sie
zusammen, man ornamentierte sie vom Haupt bis zum Fuß, der Dekor legt sich über
ihre gesamte Fläche (Abb. 05, 46, 53 usw.). In Salzburg liegt ein anderer Befund vor,
da dort die Docken optisch geteilt sind (Abb.
76, 129, 136). Über einem unteren quer-
rechteckigen Block, der ohne Verzierung auskommen kann, erhebt sich ein schmaler,
vom unteren Segment klar geschiedener oberer Teil, den Schnitzarbeiten aufwerten.176
Vermutlich entstand die Großform dieser Möbel unter dem Einfluss italienischer
Kniebänke mit ihrer zweiteiligen Gliederung.177 Möbelensembles in Baumgartenberg,
Schlierbach und Klagenfurt (Abb. 44) zeigen indes, dass diese Art der Gestaltung
bisweilen auch von Tischlern aufgegriffen wurde, die in anderen österreichischen
Kunstregionen beheimatet waren. Exemplare mit analog geformten Wangen kommen
weiterhin in der Südschweiz vor, selten, wie in St. Kajetan zu München, auch in Süd-
deutschland.178
175 ÖKT, Salzburg (1912), bes. 25–26, Fig. 34 ; Wagner, Baldauf (1978).
176 Die Bänke in der Salzburger Dreifaltigkeitskirche (Abb. 108), deren Sockel ebenso breit ist wie der
Anlauf des oberen Wangensegments, sind Ausnahmen.
177 Dal Prà, Madruzzo (1993), 781, mit einem Beichtstuhl aus S. Maria Inviolata in Riva del Garda. Das
mit entsprechenden Kniebänken ausstaffierte Möbel datiert auf das frühe 17. Jahrhundert. Oder
Manni, Mobili (1993), Abb.
794, 813, 814, 816 mit seicentesken Möbeln aus der Emilia Romagna. Zu
genealogischen und kirchenpolitischen Verbindungen Salzburgs nach Südtirol-Trentino vgl. Dopsch/
Hoffmann, Geschichte (1996).
178 Ganz/Seeger, Chorgestühl (1946), Taf. 62, 63 ; Schütz, Barockarchitektur (2000), Abb. 97.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587