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Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal | 155
Die Stiftskirche dominiert das Zentrum eines nicht geschlossenen rechteckigen
Klosterareals.96 An der West-, Nord- und Ostseite von Konventgebäuden umgeben,
blieb ihre Südflanke ohne Bebauung, die Errichtung des dort geplanten Traktes kam
nicht zustande. Es war die Intention Marchstallers, den unregelmäßigen mittelalterli-
chen Baukomplex zu vereinheitlichen und nach dem Schema des Escorial zu überfor-
men. Der architektonische Bestand der Stiftskirche wurde nur geringfügig modifiziert,
weshalb sie sich noch immer als romanische Pfeilerbasilika mit Westtürmen, vorsprin-
gendem Querhaus und hochmittelalterlichen Gewölben zu erkennen gibt. Das Mit-
telschiff ist fünfjochig, wobei das letzte Joch die beiden Türme verbindet. Die Westem-
pore wurde 1663 um eine Travée erweitert, sodass sie einen T-förmigen Grundriss
erhielt. Im Mittelschiff ist sie seitdem zweijochig, während die seitlichen Achsen we-
gen der in den Grundriss einschneidenden Türme eine geringere Tiefe aufweisen.
Zu den Tischlerarbeiten in St. Paul
In der Barockepoche arbeitete der Konvent mit ausgezeichneten Tischlern zusammen,
deren Namen leider nicht überliefert sind.97 Einige frühneuzeitliche Möbel in St.
Paul
wurden stark überarbeitet, andere aus verschiedenen Teilen zu einem Pasticcio zusam-
mengesetzt, wiederum andere als barocke Stilmöbel gefertigt. So gehört eine Bank, die
momentan vor der Außenmauer im nördlichen Seitenschiff steht, höchstwahrschein-
lich nicht dem 18. Jahrhundert an. Sie scheint relativ neu und nicht nur renoviert
zu sein, wie es in der ÖKT heißt.98 Vermutlich baute man auch einige Beichtstühle
um. Die ÖKT beurteilt sie als »technisch und künstlerisch meisterhafte spätbarocke
Werke aus dem zweiten Viertel des 18. Jhs.«, eine Einschätzung, der sich die Verfasser
des Dehio anschließen.99 Als sicher muss gelten, dass der Doppelbeichtstuhl vor der
Nordwand der Kirche nicht in seiner heutigen Form entstand : Die Grundrisse der
Möbelhälften sind nicht identisch, die Stellung der Volutenpilaster ist unterschiedlich,
die Verkröpfungen des Abschlussgebälks sind nicht korrekt über den Pilastern ange-
ordnet, selbst die Höhe der Sockel, die die Korpuswände der Beichtstühle tragen, weist
an den beiden Teilstücken eine Differenz von einigen Zentimetern auf. Ursprünglich
handelte es sich offensichtlich um zwei getrennte Möbel. Nicht ganz so gravierende
Unstimmigkeiten geben auch einige andere Möbelstücke in St. Paul zu erkennen.
96 ÖKT, St. Paul (1969), bes. 44–99 ; Dehio, Kärnten (2001), 794–804.
97 ÖKT, ebd., 150.
98 ÖKT, ebd., 147.
99 ÖKT, ebd., 148–149 ; Dehio, Kärnten (2001), 799.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587