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296 | Sakralbauten in der Steiermark
Nussholz. Der Aufsatz besteht aus Nussbaum und gefasstem Nadelholz, die zentra-
len Kartuschen zweier Möbel tragen ein aufgemaltes Kreuz, die beiden anderen das
Monogramm Mariens. Im Dehio werden die Schnitzaufsätze mit Vorbehalt Joseph
Schokotnigg zugeschrieben. Das ist möglich, da das Kloster den Bildhauer in jener
Zeit immer wieder mit Aufträgen bedachte. Mit Schriftquellen belegen lässt sich die
Vermutung allerdings nicht.297
Die Übereinstimmungen zwischen diesen Möbeln und den Beichtstühlen in der
Grazer Domkirche (Abb. 155) sind frappierend. Die Inventarstücke im Dom entstan-
den zwischen 1707 und 1719, während in Verbindung mit der Bauchronologie von
Mariatrost eine Anfertigung der in der Wallfahrtskirche erhaltenen Exemplare um
1720/30 wahrscheinlich ist. Dabei fällt die Verwendung der Zinneinlagen auf, die sonst
an Grazer Möbeln jener Epoche nicht vorkommen. Wahrscheinlich arbeitete damals
ein in jener Technik versierter Intarsienkünstler in der ordensinternen Tischlerei.
2 Beichtstühle in Querschiff
Graz, um 1735/45
HS 18,5 cm
H 249 cm (+ 18,5 cm) × B 265 cm × T 110 cm
Nuss, Nussmaser, Zwetschke, Ahorn, Buchs (?), Holz geschwärzt, furniert auf Nadelholz. Eisen
Unter den leicht gebauchten Pilastern, die die Vorderseite der Beichtstühle strukturieren,
wölbt sich der konkav-konvex-konkav geschweifte Sockel nach vorn und unterstreicht
so den Grundriss der Möbel (Abb. 172).298 Zugleich lassen diese Wölbungen die Front
dynamischer erscheinen, als dies bei Beichtstühlen sonst der Fall zu sein pflegt.
Arkaden öffnen die Vorderseite der Möbel, Wandstreifen mit Keilpilastern definie-
ren ihre Tiefe. Die Arkaden und das verkröpfte Gebälk sind analog zum Sockel in der
Tiefe geschwungen, dabei verläuft der Architrav gerade, während das auffallend pro-
filierte Gesims zur Mitte ansteigt, um über der Priesterstalle in einen Segmentbogen
überzugehen. Im Gegensatz zu den vorn offenen Gehäusen der Pönitenten schließt
eine Tür die Zelle des Geistlichen. Oben enden die arkadenförmigen Eintritte mit
geschweiften Bögen, deren mittlerer in der Mitte durchhängt.
Die beiden Möbel sind mit ausgewähltem Nussholz furniert, feine bandartige
Adern folgen dem Verlauf der Kanten. Die Tischler legten in die geschlossenen Felder
297 In den Seitenkapellen befinden sich sechs weitere Beichtstühle, die ähnlich konstruiert, jedoch nicht
mit einem Aufsatz versehen sind. Vermutlich wurden sie erst im 19.
Jahrhundert nach dem Vorbild der
Möbel unter der Westempore gebaut.
298 Dehio, Graz (1979), 224.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587