Seite - 363 - in Sakralmöbel aus Österreich - Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
Bild der Seite - 363 -
Text der Seite - 363 -
Pürgg, Pfarrkirche St. Georg | 363
Tondi, die Stege mit den Randprofilen verbinden, umfangen dort die Monogramme
Christi, Mariens, Josephs, Annas und Johannes’. Stilisierte Blüten schmücken die Zwi-
ckel, Kreuz, Herz und Nägel das IHS-Symbol. Der äußere Rahmen besitzt eine glatte
Oberfläche, während mit dem Geißfuß ausgehobene Schuppenmuster die Stege und
Kreise vervollständigen. Unregelmäßig gesetzte Punzenschläge mattieren den Grund.
Mittig angebrachte Gesimse teilen die Bankwangen in je zwei gleich hohe Seg-
mente. Bei geschwungenen Vorderseiten verläuft die Wangenrückseite gerade. Ein
Rundbogenfries vervollkommnet ein Profil, das den Schmalseiten und der hinteren
Kante folgt, wohingegen sich über die Vorderkanten Spangen und stilisiertes Blatt-
werk legen. Die Docken schließen mit einem gedrückten Kreisbogen, der schmale
lanzettförmige Gebilde umgibt. Bemerkenswert ist der Umstand, dass die Wangen
dieser Möbel im Detail etwas aufwendiger, sonst aber fast baugleich mit den auf 1674
datierten Exemplaren von Martin Knöpl im etwa 20 km entfernten Gröbming sind
(Abb. 194). Es würde nicht überraschen, falls sich mithilfe zukünftiger Archivfunde
nachweisen ließe, dass die Möbel in ein und derselben Tischlerei gefertigt wurden.
In alpinen Regionen war Nadelholz das für den Bau von Möbeln bevorzugte Werk-
material, so auch hier. Die hinteren Bänke wurden braun gebeizt, doch beließ man sie
holzsichtig, was dem ursprünglichen Zustand entsprechen dürfte. Dagegen wurden
die Brüstungen der vorderen Bankblöcke marmoriert, die Schnitzarbeiten zum Teil
ockerfarben gefasst. Die Autoren des Dehio geben als Entstehungsdatum des Ge-
stühls die Jahre um 1700 an. Das ist korrekturbedürftig, denn das Möbelensemble
zeigt ausschließlich das für den Frühbarock typische Formenvokabular. Selbst wenn
man wegen der ländlichen Lage der Kirche eine Stilverschleppung von ein bis zwei
Jahrzehnten unterstellen würde, wären um die Wende von 17. zum 18. Jahrhundert
doch Akanthusformationen als Zierelemente zu erwarten.
Taufbeckenaufsatz
Pürgg, um 1640/60
H des Taufbeckens 106 cm
H des Aufsatzes ca. 203,5 cm
Durchmesser des Aufsatzes ca. 94 cm
Nadelholz, gefasst, teilvergoldet. Eisen
Der mit zwei Türen verschlossene Taufbeckenaufsatz steht im südlichen Seitenschiff auf
einer 1483 datierten Marmorsäule (Farbtaf. 26 ; Abb. 233).374 Durch seine Form erin-
374 Rabensteiner/Hensle-Wlasak, ebd., 8 ; Dehio, ebd.; Deuer, ebd., 460–462.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587