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Rein, Zisterzienserstift | 371
mit Thomas Schiffers Arbeitsauftrag kaum in Einklang zu bringen, wenn man nicht
wie Rochus Kohlbach von der Annahme ausgeht, dass Schiffer ein Mitarbeiter Tauf-
fers gewesen sei.389 Jedoch muss Kohlbachs These ebenfalls verworfen werden, denn
zum einen beruhten die Aufträge von Stiftswerkstätten auf mündlichen Absprachen,
vertragliche Regelungen des Konvents mit der Stiftstischlerei waren folglich nicht
notwendig. Zum andern handelten Auftraggeber mit den Leitern von Werkstätten die
Verträge aus, nicht mit deren Gehilfen, Schiffer wäre daher der falsche Ansprechpart-
ner gewesen. Und schließlich trug der Handwerker wie erwähnt für die Verwendung
adäquaten Werkmaterials die Verantwortung, auch das belegt die selbständige Tätig-
keit des Gesellen. Schiffer, über den sonst leider nichts bekannt ist, besaß offenbar eine
eigene Werkstatt in der Nähe der Abtei. Das Gestühl muss ihm zugeschrieben werden,
doch könnten Teile davon in der Stiftstischlerei angefertigt worden sein. Im nächs-
ten Abschnitt wird die Auftragserteilung zur Herstellung des Laiengestühls analysiert.
Die daraus resultierenden Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die beiden Handwer-
ker bei der Ausführung ihrer Arbeiten tatsächlich zusammenarbeiteten.
Vorbilder für Details am Gestühl lassen sich in der Ausstattung der Domkirche zu
Graz finden. So ruht das Dorsalegebälk des 1738 gefertigten Domherrrengestühls auf
Engelsköpfchen vor Muscheln (Abb. 157, 158), ein Motiv, das in den Kapitellen der
Reiner Stallenbrüstung wiederkehrt. Und die Brüstungen des Gestühls in Rein sowie
jene der Kirchenbänke in Graz (Farbtaf.
19 ; Abb.
152) sind mit Füllungen ausstaffiert,
die aufgedoppelte Mittelfelder tragen. Dass bei der Herstellung der klösterlichen Mö-
bel die Einrichtung in der Domkirche als Muster diente, vermag freilich nicht zu ver-
wundern, liegen die beiden Sakralbauten doch nur etwa 20 km voneinander entfernt.
Offensichtlich hatte der für den Entwurf des Reiner Mobiliars zuständige Künstler
das Interieur in Graz sehr genau studiert.
Laiengestühl
Stiftstischlerei unter der Leitung von Mauritius Tauffer (?) sowie Thomas Schiffer, 1744
HS 18 cm
H 105,5 cm (+ 18 cm) × L 320 cm
Nussbaumholz, massiv und furniert, Nussbaummaser, Nadelholz
Das Kirchengestühl besteht aus sechs Einheiten mit je sechs Bänken und den notwen-
digen Vorderbrüstungen (Abb. 240, 241).390 Pilaster, die weitgehend den Stützen am
389 Kohlbach, ebd.
390 Woisetschläger, Kunstschaffen (1979), 83 ; Dehio, Steiermark (2006), 394 ; Zimmermann, Kirchen-
bänke (2014).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587