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Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus | 383
dern, die obere geht auf das 17. Jahrhundert zurück. Senkrechte Leisten, möglicher-
weise die Reste von Zwischenwangen eines Gestühls, zergliedern sie.
Keilpilaster vor breiten Rücklagen unterteilen die Hauptzone der Vertäfelung, die
Tischler gestalteten die dazwischen liegenden Füllungsfelder als Ädikulä mit eingestell-
ten Arkaden. Das Getäfel schließt mit einem Gebälk, das hochrechteckige Platten und
Schlaufenkonsolen strukturieren. Geschnitzte Schuppenfriese beleben die Platten sowie
die Stützen der Arkaden, ausgesägte Ornamente säumen die welschen Fenster. Darüber
hinaus bereichern qualitätvolle Marketerien die Tischlerarbeit : Bekrönte Doppeladler
schmücken die Arkaden, Schweifwerkmotive und Ornamente aus dem Formenvokabu-
lar des beginnenden Frühbarocks die übrigen Flächen. Dabei wechseln dunkle Orna-
mente in hellem Grund mit Einlegearbeiten im Gegensinn. Die Intarsien des Getäfels
stehen auf einer Stilstufe mit den Furnierarbeiten der vor 1620 gebauten Paramenten-
schränke in der oberösterreichischen Abtei Kremsmünster, geschnitzte Schuppenfriese
kommen seit den fortgeschrittenen 1620er-Jahren vor, die für die Barockzeit typischen
Knorpelmotive fehlen.404 Eine im Universalmuseum Joanneum zu Graz aufbewahrte
steirische Truhe mit ähnlichen Ziermotiven wird auf das zweite Viertel des 17.
Jahrhun-
derts datiert.405 Diese Datierung trifft auch auf die Wandverkleidung zu.
Getäfel im östlichen Joch der Chornordseite
Rottenmann (?), um 1635/50
H 217 cm × L 326 cm
Nuss, Ahorn (?), dunkelbraun gebeizt
Erneut ist der Sockel zweizonig (Abb. 251). Lisenen und Scheinfüllungen schmücken
das untere moderne Register, das negative Beizbild des dunkel gefärbten Holzes ist
deutlich zu erkennen. Dagegen gehört die zweite Zone vermutlich zum historischen
Bestand. Das darüber angeordnete und architektonisch interpretierte Hauptgeschoss
weist überraschende Analogien zum Dorsale des nachfolgend beschriebenen Chorge-
stühls auf. Vor der Hauptzone stehen mit Schulterstücken und Blockkapitellen ausge-
stattete Keilpilaster auf hohen Sockeln. Quer- und Hochrechtecke rastern die Zwi-
schenräume, nun setzte man die großen Füllungen aus einem Binnenfeld und zwei
Friesen zusammen. Flache Sägeornamente zieren den äußeren Fries, die querrechtecki-
gen Felder und die Kapitellzone, mit dem Schnitzmesser geformte vegetabile Schmuck-
motive die Pilasterschäfte und zentralen Kompartimente. Den Abschluss bildet ein
404 Zu Kremsmünster vgl. Bohr, Sakralmöbel (2017), 517–522.
405 Kreisel/Himmelheber, Deutsche Möbel (1981–1983), Bd. 1 (1981), Abb. 450.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587