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Zusammenfassung und Ausblick |
557Zusammenarbeit
von Tischlern mit andere Gewerken
Und noch ein weiteres Missverständnis muss an dieser Stelle ausgeräumt werden :
Anthony Blunt unterstellt eine Trennung des Tischlerhandwerks in zwei Gruppen.
Eine hätte größtenteils aus Konversen bestanden und Kirchenausstattungen produ-
ziert, während die andere für die Einrichtungen von Schlössern zuständig gewesen sei.8
Diese These trifft lediglich auf eine kleine Minderheit von Tischlern zu. Einer davon
war Matthias Steinl (1643/44–1727). Er unterhielt in den 1690er-Jahren in Wien eine
Werkstatt, die sich auf die Herstellung sakralen Mobiliars spezialisierte.9 Sehr viel
häufiger förderten die Recherchen für die vorliegenden Bücher dagegen die Namen
von Tischlern zutage, die sowohl sakrale als auch profane Stücke erzeugten. So schufen
die bereits erwähnten Heinrich Johann Holdermann und Franz Anton Staudinger in
Göttweig Einrichtungsgegenstände für die Stiftskirche und die Klosterräume, wobei
zumindest Staudinger, der über viele Jahre hinweg vom Stift keine Aufträge erhielt,
auch für private Auftraggeber tätig gewesen sein muss. Wolfgang Rachinger aus Linz,
Haustischler des Grafen von Salburg, arbeitete nicht nur für Salburg, sondern hatte
an der Ausstattung der Linzer Seminarkirche maßgeblichen Anteil. Weiter wäre auf
Stephan Jegg aus St. Florian hinzuweisen, der Möbelensembles für die dortige Abtei-
kirche und profanes Mobiliar für das Kloster baute.10 In Verbindung mit dem Interi-
eur der Salzburger Domherrensakristei (Farbtaf. 13 ; Abb. 117–120) begegnet uns der
Name des Hoftischlers Simon Thaddäus Baldauf, der für Erzbischof Leopold Anton
Freiherr von Firmian (reg. 1727–1744) eine Prunkuhr in Boulle-Technik schuf.11 Wir
dürfen mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass sich der Fürsterzbischof von
einem Tischler, der über derart außergewöhnliche handwerkliche Fähigkeiten verfügte,
nicht nur Möbelensembles für die Metropolitankirche, sondern auch zur Ausstattung
seines Palais liefern ließ.12 Und schließlich wäre an die Handwerker zu erinnern, die
die Sakristeimöbel für die Abteien in Dürnstein und Lambach fertigten, oder an die
Tischler, die die Bänke für die Kirchen in Gösseling und Griffen (Abb. 23, 24, 26)
schufen. Man benötigte selbstredend keine Spezialisten, um derart rustikales Mobiliar
zu zimmern. Schränkte man Blunts These ein und bezöge sie lediglich auf den Bau
bedeutender Altäre und prunkvoller Kanzeln, würde eine entsprechende Studie aber
vermutlich zu einem anderen Forschungsergebnis führen.
8 Blunt, Kunst (1979), 175.
9 Pühringer-Zwanowetz, Steinl (1966), bes. 24–29.
10 Wagner, Kunsthandwerk (1999), 577 und Lorenz, GbKÖ (1999), Taf. S. 190 mit einem prachtvollen
Schrank, den Franz Wagner, ebd., Jegg zuschreibt.
11 Wagner, Baldauf (1978).
12 Der aus Wien stammende Hofschreiner Franz Anton Herrmann (1711–1770) baute 1764 ein Chorge-
stühl für den Mainzer Dom und zur gleichen Zeit eine Ehrenpforte anlässlich der Krönung Josephs II.
(1741–1790) in Frankfurt. Dobras, Hofhandwerker (2017), 33.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587