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Zusammenfassung und Ausblick |
559Sakralmöbel
und Ambiente
des Kirchengrundrisses anpassen. Es spricht einiges dafür, dass die entsprechenden
Entwürfe auf Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) zurückgehen. Weiter
können die Bänke in der Wiener Augustinerkirche angeführt werden, die Reliefs mit
Sakralgegenständen sowie mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament berei-
chern. Damit ist das Gestühl durch seine programmatische Aussage an den Stand-
platz in einem Sakralraum gebunden. Unübertroffenes Beispiel für das harmonische
Ineinandergreifen von raumschaffender Architektur, Plastik, Malerei und Möbeln ist
jedoch das Chorgestühl in der Melker Stiftskirche. Sowohl durch seine Ausgestaltung
mit vergoldeten Reliefs, die denen an den Altären der Kirche ähneln, als auch im
Hinblick auf den Inhalt der Darstellungen, die Szenen aus dem Leben des hl. Bene-
dikt versinnbildlichen, ist das Gestühl in das Ambiente integriert. Es könnte nicht
entfernt werden, ohne im ikonographischen Programm des Raums eine große Lücke
zu hinterlassen. Jedoch wurde Vorsorge dafür getroffen, dass es für immer an der ihn
zugedachten Stelle verblieb, denn Stuckarbeiten, mit denen das Gemäuer verziert ist,
legen sich über das Abschlussgesims des Möbels und lassen es auf diese Weise zu
einem festen Bestandteil der Architektur werden. Allerdings blieb dieses Ensemble
in Österreich eine absolute Ausnahme. Vergleichbares sollte nie wieder erreicht, mög-
licherweise auch nie wieder angestrebt werden. In dieser Hinsicht unterscheiden sich
die sakralen Interieurs deutlich von vielen profanen Repräsentationsräumen des fort-
geschrittenen 17. und des 18. Jahrhunderts, bei deren Planung man Wandgestaltung
und Einrichtung aufeinander bezog, denn nur so war es möglich, Räume mit einem
einheitlichen Gesamtbild zu kreieren.
Was nun den künstlerischen und materiellen Aufwand beim Bau der Möbelgarni-
turen anbelangt, so lässt sich häufig eine Steigerung von den im Zeremoniell weniger
bedeutenden Laienräumen hin zum Hochaltar, dem spirituellen Zentrum des Kir-
chenraums, feststellen. Während sich die Tischler bei der Herstellung der Laienbänke
oft mit einer vergleichsweise einfachen Gestaltung begnügten, wählten sie für die
Chorgestühle eine prachtvolle Ausarbeitung. Gute Beispiele für diese Beobachtung
bieten die Ausstattungen der ehemaligen Stiftskirchen in St. Pölten und Dürnstein.
Der materielle und künstlerische Aufwand steht in einem angemessenen Verhältnis
zur vorgesehenen Nutzung. Dabei verblüfft die Tatsache, dass der Prunk nicht nur
Möbelgarnituren betrifft, die von allen Kirchgängern gesehen wurden, sondern ebenso
Möbel auf Emporen und in Sakristeien, die vor den Blicken der Laien verborgen wa-
ren. In solchen Fällen richtete sich der Aufwand offenbar an die eigenen Konventmit-
glieder und an Ordensangehörige, die die betreffende Abtei besuchten. Diese Möbel
dienten der Selbstinszenierung und der Repräsentation nach innen hin.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Sakralmöbel aus Österreich
Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus, Band II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Titel
- Sakralmöbel aus Österreich
- Untertitel
- Von Tischlern und ihren Arbeiten im Zeitalter des Absolutismus
- Band
- II: Kunstlandschaften im Norden, Süden und Westen
- Autor
- Michael Bohr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21246-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 628
- Schlagwörter
- Baroque, applied arts, church furnishings, Barock, Kunsthandwerk, Sakralmöbel
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Teil 1 Vorbemerkungen
- Teil 2 Grundlegendes
- I. Die Auftragsvergabe 27
- II. Handwerker und Kunsthandwerker 35
- III. Künstlerische Inventionen, Modelle und Entwürfe 43
- Zur Geschichte 43
- Allgemeines 44
- Modelle für Sakralmöbel 45
- Die Frage nach der Urheberschaft von Entwürfen für Sakralmöbel 47
- Entwürfe und Modelle von Architekten und Baumeistern 47
- Entwürfe und Modelle von »Tischler-Architekten« 50
- Entwürfe und Modelle von Tischlern und Zimmerleuten 51
- Entwürfe von Bildhauern und Bildschnitzern 53
- Entwürfe eines Theateringenieurs und eines Theaterdekorateurs 53
- Entwürfe von Ornamentkünstlern und die Rezeption von Ornamentstichen 54
- Entwürfe von Stuckateuren und die Rezeption von Stuckarbeiten 55
- IV. Barocke Möbel und sakraler Raum 57
- V. Zeittypische Stilbildungen 69
- VI. Österreichische Kunstlandschaften und regionale
- Teil 3 Katalog – Beiträge zu den Sakralanlagen – Tafeln
- Hinweise 91
- Hinweise zu Provenienzen, Datierungen und Materialien 91
- Hinweise zu den angegebenen Maßen 91
- Hinweise zu den zitierten Schriftquellen 92
- I. Sakralbauten im Burgenland 93
- II. Sakralbauten in Kärnten 114
- Friesach, Stadtpfarrkirche hl. Bartholomäus 114
- Gösseling, Filialkirche hl. Michael 120
- Griffen, Ehemaliges Prämonstratenserstift 122
- Griffen, Alte Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 122
- Griffen, Pfarr- und ehemalige Stiftskirche Mariae Himmelfahrt 125
- Gurk, Konkathedrale und Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt 129
- Klagenfurt, Dom- und Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul 146
- Loschental, Filialkirche hl. Josef 151
- Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal 154
- Villach, Stadthauptpfarrkirche hl. Jakob d. Ä 171
- Völkermarkt, Stadtpfarrkirche hl. Maria Magdalena 177
- III. Sakralbauten in Salzburg/Stadt und Land 183
- Maria Plain, Wallfahrtskirche Maria Plain (Maria Himmelfahrt) 183
- Mattsee, Kollegiatstift 189
- Michaelbeuern, Benediktinerstift 196
- Salzburg, Benediktiner-Erzabtei St. Peter 206
- Salzburg, Dreifaltigkeitskirche 219
- Salzburg, Metropolitankirche hll. Rupert und Virgil 229
- Salzburg, St. Markus 244
- Salzburg-Mülln, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau Mariae
- Himmelfahrt 248
- IV. Sakralbauten in der Steiermark 255
- Frauenberg, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung 255
- Graz, Barmherzige Brüder, Kloster und Spital 263
- Graz, Dom- und Pfarrkirche St. Ägidius 272
- Graz, Franziskanerkloster 289
- Graz, Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariatrost 292
- Graz, Pfarrkirche St. Andrä 305
- Graz, Welsche Kirche / Kirche hl. Franz de Paula 309
- Gröbming, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt 312
- Mariahof, Pfarrkirche hl. Maria 323
- Neuberg an der Mürz, Pfarrkirche Maria Himmelfahrt 333
- Pöllau, Pfarrkirche St. Veit 347
- Pürgg, Pfarrkirche St. Georg 359
- Rein, Zisterzienserstift 365
- Rottenmann, Stadtpfarrkirche St. Nikolaus 381
- St. Lambrecht, Benediktinerabtei 386
- Vorau, Augustiner-Chorherrenstift 404
- V. Sakralbauten in Tirol 419
- Bad Mehrn, Filialkirche hl. Bartholomäus 419
- Brixlegg, Pfarrkirche Unsere Liebe Frau 424
- Innsbruck, Hofkirche zum hl. Kreuz 430
- Innsbruck, Jesuitenkirche zur hl. Dreifaltigkeit 437
- Innsbruck, Servitenkloster 449
- Kramsach, Maria Thal, Pfarrkirche hl. Dominikus 459
- Kundl, Filial- und Wallfahrtskirche St. Leonhard auf der Wiese 469
- St. Georgenberg, Benediktinerabtei 478
- Stams, Zisterzienserabtei 487
- Wilten, Prämonstratenser-Chorherrenstift 513
- VI. Sakralbauten in Vorarlberg 525
- Teil 4 Zusammenfassung und Ausblick – Glossar – Verzeichnisse – Literatur- Zusammenfassung und Ausblick
- Ziele der Untersuchung 551
- Zum strukturellen Aufbau der beiden Bücher 551
- Auftraggeber und Finanziers der Ausstattungen 552
- Wer waren die Tischler ? 553
- Wer waren die Entwerfer der Möbelgarnituren ? 555
- Zusammenarbeit von Tischlern mit anderen Gewerken 556
- Sakralmöbel und Ambiente 558
- Vermittlung und Weitergabe neuer Formen – Österreichische
- Kunstlandschaften 560
- Fazit und Ausblick 562
- Glossar 564
- Ortsindex 573
- Künstlerverzeichnis 577
- Abkürzungsverzeichnis 582
- Abbildungsnachweis 586
- Literaturverzeichnis 587