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68 | Kontexte : Linz 1700 bis 1900
Derartige Richtungsentscheidungen mussten auch politisch vertretbar sein : Die erste
Linzer Anleihe war nicht unumstritten, wie Zeitungsberichte und andere Veröffentli-
chungen zeigen. Hauptkritikpunkte der Gegner bildeten einerseits die Prioritätensetzung
bei den Investitionen, andererseits die Form der Finanzierung und Tilgung, die in einer
Pfadabhängigkeit resultierte.161 Dass über die Aufnahme dieses Kredits mittelfristig aber
Konsens bestand, legt die Aufnahme zweier weiterer Großkredite in den 1890er Jahren
nahe : 1889/1890 wurden 3
Millionen Gulden (u. a. zur Finanzierung der Wasserleitung,
der Kremstalbahn, des Umschlagplatzes an der Donau und zur teilweisen Tilgung des
ersten Darlehens) und 1897 2,5 Millionen Gulden (ÖW, u. a. für die Errichtung des
Vorortekanals) aufgenommen. Auch dies war nicht unüblich für westeuropäische Städte
zu dieser Zeit.162 Parallel dazu gab es aber immer noch Versuche, Infrastrukturen über
private oder unternehmerische Investitionen zu etablieren : Ein Beispiel dafür ist die
Tramway in Linz, deren Einrichtung, wie der Gemeinderat im Februar 1879 beschloss,
»ohne irgend eine Belastung des Gemeindevermögens« erfolgen sollte.163
Ausweitungen des Urbanen
Die Vorstellungen und Ansprüche, was man – als Bewohner/in oder Besucher/in –
von einer Stadt erwartet, was eine »gute« Stadt ausmacht, wofür eine Stadt zuständig
ist, änderten sich über den Betrachtungszeitraum hinweg erheblich.164 Dabei war die
Stadt nicht nur »für sich« existent, sondern wurde genauso durch äußere Einflüsse, den
Vergleich mit anderen Städten oder den Austausch von Ideen geprägt.
Linz war ein regionales Verwaltungszentrum, dessen Machtanspruch sich auch
im Stadtbild manifestierte : Das mittelalterliche Schloss, der Hauptplatz und das im
16.
Jahrhundert errichtete »Landhaus« bildeten in ihrer Situierung und Ausgestaltung
repräsentative Räume, die nicht nur an die Stadtbewohner/innen adressiert waren.165
Infolge der Lage an der Donau war Linz immer schon zeitweiliger Aufenthalts- resp.
Transitort für auswärtige Eliten
– regelmäßig besuchten Angehörige des Kaiserhauses
Linz, 1765 machten z. B. Maria Theresia und ihre Entourage mit 22 Schiffen in Linz
Station.166 Diese Linz-Besuche nahmen bis ins beginnende 19. Jahrhundert deutlich
zu, was vermutlich wesentliche Auswirkungen auf das Selbstbild der Stadt und die
Erwartungen gegenüber derselben hatte. Illustriert wird dies durch die kaiserlichen
161 Altmüller, Eingemeindungen, 144 ; vgl. dazu eine zeitgenössische Publikation : Grubauer, Betrachtun-
gen, 5, 10 – 13 u. 24 – 26.
162 Pichler-Baumgartner, Weg, 37 – 40 ; Mittmannsgruber, Stadtverwaltung, 189 u. 212.
163 Statistischer Bericht 1882, Bd. 3, 71.
164 Vgl. zur good city : Lees/Hollen Lees, Europe, 475f.
165 Mayrhofer, Linz, unpag.; vgl. zur morphologischen Entwicklung des Hauptplatzes : Mayr, Reiseführer,
93 – 101.
166 LR BVI2, Reg. 1403 (259).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364