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94 | Wasser
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Ambitionen zur Etablierung einer neuen Wasserversorgung gingen in den späten
1860er Jahren von den bürgerlichen Eliten in Linz aus. Dies ist einer spezifischen
Konstellation zuzuschreiben : Ab den 1850er Jahren gab es eine latente publizistische
Diskussion zu Innovation im Bereich der modernen Wasserversorgung (vgl. oben),
dazu hatten Städte, die zentrale Wasserinfrastrukturen bereits errichtet hatten resp.
über eine Umsetzung diskutierten, Vorbildcharakter für andere Kommunen. Im Falle
von Linz waren augenscheinlich die Diskurse und Aktivitäten in Wien von erhebli-
cher Bedeutung
– nicht nur, weil zahlreiche Mitglieder der politischen Elite aus Wien
stammten oder über Verbindungen nach Wien verfügten (vgl. Kap. 2. Kontexte : Linz
1700 bis 1900), sondern auch, weil in Wien Lösungswege aufgezeigt und erfolgreich
umgesetzt wurden.
In den 1850er Jahren setzten in Wien intensivere Diskussionen über die Errichtung
einer neuen, größeren Wasserleitung ein, da die bestehende Versorgung zunehmend
mit Knappheiten und hygienischen Defiziten assoziiert wurde. 1853 bot – wie in vie-
len anderen Städten zu dieser Zeit
– ein englisches Unternehmen die Errichtung eines
umfangreichen Wasserversorgungssystems an, dazu wurden von verschiedenen loka-
len Akteuren Projektvorschläge eingebracht, die eine Nutzung von Donauwasser (das
bereits die Kaiser-Ferdinand-Wasserleitung der 1830er/1840er verwendete) oder von
Quellen bzw. kleinen Flussläufen im Hinterland vorsahen. Auf Initiative des Innenmi-
nisteriums wurde 1858 mit Beteiligung der Akademie der Wissenschaften eine Kom-
mission etabliert, die Vorschläge zur Modifizierung der Wiener Wasserversorgung
erarbeiten sollte, und ab 1860 wurde die »Wasserfrage« auch im Wiener Gemeinderat
intensiver diskutiert.161 Dort wurde im Dezember 1861 beschlossen, in einer internati-
onalen Ausschreibung Angebote darüber einzuholen, wie man die Stadt »in möglichst
kurzer Zeit mit gutem Trink- und Nutzwasser« versorgen könne.162 Dies bildete den
Auftakt für weitere Initiativen des Gemeinderates : Ab Mai 1862 beschäftigte sich
ein »Specialcomité« der Stadterweiterungskommission mit der Wasserversorgung und
im November 1862 beschloss der Gemeinderat, die Errichtung der Wasserleitung auf
Kosten der Stadt umzusetzen. Dazu wurde eine eigene Kommission eingesetzt, die die
mittlerweile eingereichten Vorschläge prüfen und die praktikabelste Lösung auswäh-
len sollte.163
Im Juli 1864 entschloss man sich dafür, das Wasser aus dem 80 Kilometer ent-
fernten Berggebiet der Rax und des Schneebergs zu beziehen, obwohl es die teuerste
Variante war und sie sich ursprünglich nicht unter den eingereichten Vorschlägen be-
161 Csendes/Opll, Wien, Bd. 3, 75 ; Stadler, Wasserversorgung, 43 – 54 u. 95 – 97 ; vgl. Die [Wiener] Presse,
23.10.1853 u. Wiener Medizinische Wochenschrift. Hauptteil, Wien 1853, 731 – 734.
162 Stadler, Wasserversorgung, 97f.; vgl. Meißl, Hochquellenleitungen, 162f.
163 Stadler, Wasserversorgung, 107 – 114.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364