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Schluss 153
gehend auch die Einladungsschreiben an Fulda und Kempten ausgefertigt355, die ihre Reise
zu einer Krönung der Kaiserin Maria Theresia ankündigten. Allerdings musste später zu
diesen Schriftstücken ein Deckblatt „Der Kayserin im vorschlag gewesene aber nicht erfolgte
crönung betr.“ erstellt werden, da Maria Theresia bekanntlich eine Krönung im Reich ab-
lehnte, obwohl sie anlässlich der Krönung ihres Gemahls nach Frankfurt am Main reiste.
Schluss
Offen bleibt die Frage, warum seit 1612 nicht alle Kaiserinnen gekrönt wurden, wenn doch
die Krönung für alle Beteiligten eine attraktive Gelegenheit darstellte, über den eigenen
Platz in der Reichsordnung ebenso wie über deren Fortbestand zu kommunizieren. Im
17. Jahrhundert freilich wurden bei genauerer Betrachtung alle Kaiserinnen gekrönt, die
dafür in Frage kamen: Es blieben Maria Leopoldine und Claudia Felicitas ungekrönt;
beide konnten aufgrund ihres frühen Todes keine der drei Krönungen der Habsburge-
rinnen erhalten. Margarita Teresa, die erste Frau Leopolds I., kam nie mit ihrem Gemahl
ins Reich und starb ebenfalls schon nach siebenjähriger Ehe. Damit kann man mit Recht
formulieren, dass im 17. Jahrhundert die Kaiserinnenkrönung durchaus als Regel gelten
kann356. Das änderte sich allerdings im 18. Jahrhundert: Kann man bei Amalie Wilhelmine
von Braunschweig noch anführen, dass die kurze Regierungszeit ihres Gemahls Joseph I.
und die Ereignisse des Spanischen Erbfolgekrieges einen gemeinsamen Aufenthalt im
Reich verhinderten357, so gilt das nicht für Kaiserin Elisabeth Christine. Nach ihrer Rück-
kehr aus Spanien 1713 wurde sie 1714 in Ungarn und 1723 in Böhmen als Königin gekrönt,
aber trotz ihrer bis 1740 dauernden Ehe mit Karl VI. kam sie nie mit ihm ins Reich. Und
das war schon im 17. Jahrhundert offensichtlich eine entscheidende Frage gewesen – die
kaiserliche Seite ergriff die Chance zur Krönung einer Kaiserin immer dann, wenn ohne-
dies ein Aufenthalt im Kerngebiet des Reiches anstand. Dies kann als weiterer signifikanter
Unterschied zur Kaiserkrönung gelten, zu der selbstverständlich spezielle Reisen geplant
und realisiert wurden, weil ihr Stellenwert für die kaiserliche Herrschaft außerhalb der
Erblande bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 außer Frage stand.
Äußerungen im Vorfeld der angedachten Krönung Maria Theresias 1745 belegen, dass die
Kurfürsten weiterhin zweifellos an Kaiserinnenkrönungen interessiert waren358. Die Unter-
355 HHStA, MEA WuK 79, Nr. 255–260. Zur Ablehnung der Krönung siehe Keller, Kaiserin;
Braun, Kaiserin, 86–92.
356 Rudolph, Krönung, 314.
357 Sie begleitete ihn nur 1702 kurz zur Belagerung von Landau, siehe Theatrum Europaeum, Bd. 16,
642, 654.
358 Keller, Kaiserin, 59f.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Titel
- Die Kaiserin
- Untertitel
- Reich, Ritual und Dynastie
- Autor
- Katrin Keller
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427