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Netzwerke: Korrespondenzen 273
Bei etwa 50 der Korrespondentinnen und Korrespondenten im Heiligen Römischen
Reich fehlten freilich direkte dynastische Verbindungen. Dazu zählten neben den auffällig
präsenten kurfürstlichen Häusern sowohl weltliche wie geistliche Reichsfürsten, darunter
drei Reichsäbtissinnen, sowie einige Vertreter niederrangiger Reichsstände (darunter auch
die Räte von Aachen und Köln) und zehn Geistliche verschiedener Orden. Insgesamt
machten Damen und Herren geistlichen Standes knapp ein Drittel aller Briefempfänger
aus, wobei ihr Anteil bei umfassender Berücksichtigung der Kontakte der Kaiserin nach
Rom für die Korrespondenz insgesamt eher höher zu veranschlagen sein wird.
Grußbriefe und Courtoisieschreiben
In inhaltlicher Hinsicht weist Tabelle 8 den quantitativ recht hohen Stellenwert von Ant-
wortschreiben der Kaiserin auf Neujahrswünsche aus, und unter den Absenderinnen sol-
cher Wünsche waren Fürstinnen vergleichsweise stark vertreten. Einen großen Teil der
Schreiben in der Korrespondenz stellten zudem weitere Gruß- und Glückwunschschrei-
ben dar: So erhielt Eleonora Magdalena beispielsweise eine Vielzahl von Glückwünschen
zur Verehelichung ihres ältesten Sohnes Joseph zu Beginn des Jahres 1699, auf die sie dann
mit einem Dankschreiben reagierte. Sie selbst setzte noch Ende des gleichen Jahres allein
19 Fürstinnen des Heiligen Römischen Reiches sowie diverse italienische Fürsten von der
Geburt ihrer ersten Enkelin, Erzherzogin Maria Josepha, in Kenntnis, und im Mai 1705
zeigte sie Fürsten und Fürstinnen des Reiches den Tod Kaiser Leopolds I. an114. Derartige
Schreiben stellen insgesamt etwas mehr als die Hälfte der dokumentierten Kanzleischrei-
ben dar: Man sendete einander und erhielt Anzeigen von Geburten, Gratulationen zu
Hochzeiten oder Mitteilungen über Todesfälle. Manche dieser Schreiben wurden von
eigenen Gesandten überbracht, für die dann Credential- und Recredentialschreiben aus-
gefertigt wurden115.
Der hohe Stellenwert dieses Austausches von Grußbriefen oder Courtoisieschreiben
lässt sich dabei auch für andere Kaiserinnen zumindest in Ansätzen erkennen. Am deut-
lichsten wird das für Königin bzw. Kaiserin Amalie Wilhelmine, für die in Wien wie gesagt
etwa 240 Konzepte von Briefschaften überliefert sind, die aus den Jahren zwischen 1699
und 1708 stammen. Unter diesen stellten in vergleichbarer Weise wie bei ihrer Schwieger-
mutter Eleonora Magdalena Grußbriefe einen erheblichen Anteil. Erkennbar wird dort
114 HHStA, Familienkorrespondenz A 32/3, Register, fol. 110v–111r, fol. 134r–138r; die Gratulationen
zur Geburt des präsumtiven Thronfolgers 1700 ebenda fol. 211r–213v, 8.05.1705. Zu solchen Korres-
pondenzen siehe auch Watanabe-O‘Kelly, Fürstin, 187–191.
115 Dafür sind mindestens zwei Dutzend Beispiele im Register enthalten.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Titel
- Die Kaiserin
- Untertitel
- Reich, Ritual und Dynastie
- Autor
- Katrin Keller
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427