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1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie
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Eine Studien-Revisions-Kommission, die von Heinrich von Rottenhan ge-
leitet worden ist und die dezidiert restaurativ ausgerichtet war, hat mit dem
04.07.1798 vorsorglich festgesetzt, dass Kants Name im âstudium generaleâ
â dem verpflichtenden akademischen Vorbereitungskurs â nicht fallen durf-
te und bei dem philosophischen Doktoratsstudium zwar peripher erwÀhnt
werden konnte, aber polemisch behandelt werden musste.44 Wenn eine genaue
Datierung auch noch nicht eruiert werden konnte â man schwankt zwischen
1793 (Domandl), 1798 (Sauer) und 1803 (Topitsch) â, war Kants Lehre doch
etwa mit dem Jahr 1800 aus dem universitÀren Grundstudium ausgeschlossen.45
Diese politisch motivierte Prohibition hielt sich bis zum Jahr 1860, als der er-
klĂ€rte Gegner der âspekulativenâ Philosophie,46 Minister Leopold Graf von
Thun und Hohenstein, zurĂŒcktrat, der mit Franz Exner und Hermann Bonitz
das Humboldtâsche Bildungssystem im österreichischen Herrschaftsgebiet
sukzessive eingefĂŒhrt hatte,47 dieses jedoch durch seine antiidealistische Be-
setzungspolitik ideologisch kontrollierte.48 Eine gewissenhafte geschichtliche
L. Waibel u.a., WĂŒrzburg 2016, S. 319â342; âDie frĂŒhe österreichische Kant-Rezeption:
Von Joseph II. bis Franz II.â und âDie staatlich erwirkte Kant-Zensur: Von Franz II. bis
Graf Thun-Hohensteinâ, in Umwege. AnnĂ€herungen an Immanuel Kant in Wien, in Ăsterreich
und in Osteuropa, hrsg. von Violetta L. Waibel, Göttingen 2015, S. 27â32 und 33â39. FĂŒr
den gröĂeren Kontext siehe etwa auch: Johannes Feichtinger, Wissenschaft als reflexives
Projekt. Von Bolzano ĂŒber Freud zu Kelsen: Ăsterreichische Wissenschaftsgeschichte 1848â1938,
Bielefeld 2010, S. 151â161; Alexander Wilfing, âKant und die âösterreichische Philoso-
phieâ â Eine EinfĂŒhrungâ, in Waibel, Umwege, S. 19â27.
44 Werner Sauer, âVon der âKritikâ zur âPositivitĂ€tâ. Die Geisteswissenschaften in Ăsterreich
zwischen josephinischer AufklĂ€rung und franziszeischer Restaurationâ, in VormĂ€rz.
Wendepunkt und Herausforderung. BeitrĂ€ge zur Literaturwissenschaft und Kulturpolitik in Ăster-
reich, hrsg. von Hanna Schnedl-BubeniÄek, Salzburg/Wien 1983, S. 17â46, hier S. 35.
45 Sepp Domandl, âVerdrĂ€ngter und aufgeklĂ€rter Humanismus. Wiederholte Spiegelun-
genâ, in Bildung und Einbildung. Vom verfehlten BĂŒrgerlichen zum Liberalismus. Philosophie in
Ăsterreich (1820â1880), hrsg. von Michael Benedikt, Reinhold Knoll und Josef Rupitz,
Klausen-Leopoldsdorf 1995, S. 367â379, hier S. 369; Sauer, Ăsterreichische Philosophie (wie
Anm.Â
42), S.Â
278; Ernst Topitsch, âKant in Ăsterreichâ, in Philosophie der WirklichkeitsnĂ€he,
hrsg. von Richard Meister, Wien 1949, S. 236â253, hier S. 243.
46 Domandl, âVerdrĂ€ngter Humanismusâ (wie Anm. 45), S. 369.
47 Salomon Frankfurter, Graf Leo Thun-Hohenstein, Franz Exner und Hermann Bonitz. BeitrÀge
zur Geschichte der österreichischen Unterrichtsreform, Wien 1893; Hans Lentze, Die Universi-
tĂ€tsreform des Ministers Graf Leo Thun-Hohenstein, Wien 1962. Zur knappen Ăbersicht ver-
gleiche ebenfalls: Peter Stachel, âDas österreichische Bildungssystem zwischen 1749 und
1918â, in Geschichte der österreichischen Humanwissenschaften, hrsg. von Karl Acham, Wien
1999, Bd. 1, S. 115â146.
48 Susanne Preglau-HÀmmerle, Die politische und soziale Funktion der österreichischen Universi-
tĂ€t. Von den AnfĂ€ngen bis zur Gegenwart, Innsbruck 1986, S. 101â107. Bereits Alfred Wieser
hielt fest, dass bei rund 50 UniversitĂ€ts-Seminaren zu Kant in Wien 1848â1938 eine mar-
kante Stagnation unter Graf Thun (1852â1860) eintrat, was die betreffende Lehrpolitik
dokumentiert: Die Geschichte des Fachs Philosophie an der UniversitĂ€t Wien 1848â1938, Disser-
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423