Seite - 38 - in Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Bild der Seite - 38 -
Text der Seite - 38 -
1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung
38
Argument als musikalischer Anwendungsfall von Herbarts Theorien gelten
sollte. Diese These findet sich noch bei Thöne101 und Stieglitz: âDie Lehren
Herbarts ĂŒbertrug Ed. Hanslick auf die Musik in seinem Buche âVom Musika-
lisch-Schönenâ.â102 Analoge SchlĂŒsse zog Paul Moos, der die Ă€sthetischen Apho-
rismen in Herbarts Schriften â eine richtige Ăsthetik hatte dieser niemals ver-
fasst103 â als ursprĂŒngliche Grundlegung aller formalistischen Ăberzeugungen
der musikalischen SpezialÀsthetik charakterisierte.104 Diesen Befund teilten
sodann Charles Lalo105 und Guido Adler, der Hanslicks VMS-Traktat der âHer-
bartschenâ Orientierung zurechnete.106
Erst Felix Printz hat in seiner MĂŒnchner Dissertation (1918) auf die âgrĂŒnd-
liche Revisionâ dieser verbreiteten Auslegung gedrungen, die Hanslick âin
einem direkten AbhĂ€ngigkeits-, ja SchĂŒlerverhĂ€ltnis zu Joh. Friedr. Herbart
und seinem Ă€sthetischen Formalismusâ sah, setzte dann aber sofort Hans Georg
NĂ€gelis Vorlesungen ĂŒber Musik (1826) an die nun vakante Position.107 Ohne dass
dies hier erschöpfend ausgefĂŒhrt werden soll, sei als besonders auffallend ange-
merkt, dass vorwiegend bekennende Herbartianer den unmittelbaren Zusam-
menhang von Hanslick und Herbart argwöhnisch betrachteten.108 Moritz
Lazarus, ein direkter Herbart-SchĂŒler, der Hanslicks VMS-Traktat groĂteils
101 Johannes Thöne, Ăsthetik der Musik. Entwurf einer modernen Harmonie- und Kompositions-
lehre, Bad Nenndorf 1927, S. 56.
102 Olga Stieglitz, EinfĂŒhrung in die MusikĂ€sthetik, Stuttgart/Berlin 1912, S. 67.
103 Lambert Wiesing, âFormale Ăsthetik nach Herbart und Zimmermannâ, in Hoeschen/
Schneider, Herbarts Kultursystem (wie Anm. 91), S. 283â296, hier S. 283. Vgl.: Wolfhart
Henckmann, âĂber die GrundzĂŒge von Herbarts Ăsthetikâ, in ebda., S. 231â258.
104 Paul Moos, Die Philosophie der Musik von Kant bis Eduard von Hartmann. Ein Jahrhundert
deutscher Geistesarbeit, Stuttgart/Berlin/Leipzig 1922, S. 210.
105 Charles Lalo, Esquisse dâune esthĂ©tique musicale scientifique, Paris 1908, S. 217.
106 Guido Adler, Eduard Hanslick. Rede gehalten bei der EnthĂŒllung der BĂŒste in der UniversitĂ€t,
Wien 1913, S. 4. Vgl.: ders., âNekrolog Eduard Hanslickâ, in Biographisches Jahrbuch und
deutscher Nekrolog 9 (1906), S. 342â347, hier S. 344.
107 Felix Printz, Zur WĂŒrdigung des musikĂ€sthetischen Formalismus Eduard Hanslicks, Disserta-
tion UniversitĂ€t MĂŒnchen 1918, S.Â
1. Zum VerhÀltnis von Hanslick und NÀgeli siehe etwa
auch: Dahlhaus, âMusikalische Formbegriffâ (wie Anm.Â
55), S.Â
152f.; Breitkreutz, Eduard
Hanslick (wie Anm. 39), S. 256â260; Glatt, Eduard Hanslick (wie Anm. 34), S. 46 und 53;
Gudrun Henneberg, Idee und Begriff des musikalischen Kunstwerks im Spiegel des deutschspra-
chigen Schrifttums der ersten HÀlfte des 19. Jahrhunderts, Tutzing 1983, S. 54f.; Schmidt,
âHanslicks Formbegriffâ (wie Anm. 53), S. 96f.; Thomas S. Grey, Wagnerâs Musical Prose:
Texts and Contexts, Cambridge 1995, S. 30f.; Rafael Köhler, Natur und Geist. Energetische
Form in der Musiktheorie, Stuttgart 1996, S. 62â65; GĂ€rtner, Hanslick versus Liszt (wie
Anm. 39), S. 113f.; Rothfarb, âMusical Formalismâ (wie Anm. 58), S. 179f.; Bonds, Abso-
lute Music (wie Anm. 31), S. 164f.; Panaiotidi, âAlexandr Mikhailovâ (wie Anm. 29),
S. 72f. Vgl.: Alexander Wilfing, âHanslickâs Kantianism? Johann Heinrich Dambeck,
Christian Friedrich Michaelis, and Hans Georg NĂ€geliâ (i.Dr.).
108 Printz, WĂŒrdigung Hanslicks (wie Anm. 107), S. 5f.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423