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1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie
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zunehmend differenziert worden. Besonders zentral scheint hierbei Blaukopfs
Forschung zum Mathematiker, Philosophen und Priester Bolzano, welcher in
seiner Schrift Ăber den Begriff des Schönen (1849) eine puristische Kunstlehre ent-
wickelte,132 die durch seinen direkten SchĂŒler Robert Zimmermann auf Hans-
licks VMS-Traktat wirken konnte.133 Nach seiner endgĂŒltigen Hinwendung zu
Herbarts Konzept wurde Zimmermann dann auch zum bekanntesten Àsthe-
tischen Gegenspieler Friedrich Theodor Vischers134 und Hanslicks Argument
muss wohl zwischen den kontrÀren Positionen (hier Hegelianismus, dort Her-
bartianismus) dieser beiden Autoren gedanklich lokalisiert werden.135 Aus der
komplizierten Gemengelage von Herbartismus und Bolzanismus, die man gar
als regelrechtes âGedankenamalgamâ eingeschĂ€tzt hat,136 resultierte schlieĂlich
ein âWiener Formalismusâ, der Zimmermanns FormalĂ€sthetik und Hanslicks
VMS-Traktat gleichfalls einschlösse.137
Diese Linie ist von Landerer schlĂŒssig verfolgt worden, der seit den 1990er
Jahren zur historisch-kritischen Kontextualisierung von Hanslicks TĂ€tig-
keit fortwÀhrend beigetragen hat und bei dem Bolzano ebenso zentral wird.
Bolzanos Konzept, das eine rein interesselose Anschauung implementiert,
132 Zur Ăsthetik Bolzanos vergleiche prinzipiell: Kurt Blaukopf, Die Ăsthetik Bernard
Bolzanos. Begriffskritik, Objektivismus, âechteâ Spekulation und AnsĂ€tze zum Empirismus,
St. Augustin 1996; Otto Neumaier, âĂsthetik bei Bernard Bolzanoâ, in Bernard Bolzanos
geistiges Erbe fĂŒr das 21. Jahrhundert, hrsg. von Edgar Morscher, St. Augustin 1999, S. 411â
438; Peter Stachel, âDie Schönheitslehre Bernard Bolzanosâ, in Acham, Geschichte (wie
Anm. 47), Bd. 5, S. 499â518; Landerer, Hanslick und Bolzano (wie Anm. 27), S. 67â79; VĂt,
Ăsthetik und Musikkritik (wie Anm. 68), S. 79â86.
133 Blaukopf, Empiristische Musikforschung (wie Anm. 90), S. 34. FĂŒr die historische VerknĂŒp-
fung dieser beiden Denker vergleiche prinzipiell: Eduard Winter, Robert Zimmermanns
Philosophische PropÀdeutik und die Vorlagen aus der Wissenschaftslehre Bernard Bolzanos, Wien
1975. FĂŒr eine eher kritische Erörterung siehe aber auch: Edgar Morscher, âRobert
Zimmermann â der Vermittler von Bolzanos Gedankengut? Zerstörung einer Legendeâ,
in Ganthaler/Neumaier, Ăsterreichische Geistesgeschichte (wie Anm. 18), S. 145â190.
134 Lothar Schneider, âRealismus und formale Ăsthetik. Die Auseinandersetzung zwischen
Robert Zimmermann und Friedrich Theodor Vischer als poetologische Leitdifferenz im
spĂ€ten neunzehnten Jahrhundertâ, in Hoeschen/Schneider, Herbarts Kultursystem (wie
Anm. 91), S. 259â281. Vgl.: JĂ€ger, âWeg in die Moderneâ (wie Anm. 91), S. 204â210;
Schneider, âForm versus Gehaltâ (wie Anm.Â
83), S.Â
40â47; Titus, âHanslick und Vischerâ
(wie Anm. 86), S. 295f.
135 Dies gilt auch noch fĂŒr die französische Hanslick-Rezeption, die Realismus und Idealis-
mus als binĂ€re Begriffe fasste: Noel Verzosa, âRealism, Idealism and the French Recep-
tion of Hanslickâ, in NCMR 14 (2017), S. 51â64.
136 Blaukopf, Ăsthetik Bolzanos (wie Anm. 132), S. 68.
137 Martin Seiler, âEmpiristische Motive im Denken und Forschen der Wiener Schule der
Kunstgeschichteâ, in Kunst, Kunsttheorie und Kunstforschung im wissenschaftlichen Diskurs,
hrsg. von Martin Seiler und Friedrich Stadler, Wien 2000, S. 50â86, hier S. 60. Vgl.:
Panaiotidi, âAlexandr Mikhailovâ (wie Anm. 29), S. 73.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423