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1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung
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ziplin âGeschichte und Aesthetik der Tonkunstâ eigens schuf.147 In seiner kur-
zen angefĂŒgten Biographie schrieb Hanslick: âAm nĂ€chsten stehe ich jedoch
dem philosophischen System Herbarts, das ich als bevorzugter SchĂŒler Exners
genau kennen zu lernen Gelegenheit hatte.â148 StrauĂ und einige andere For-
scher haben dieses Dokument als BestĂ€tigung fĂŒr die mit Herbart konform
gehende Einstellung Hanslicks gelesen, die nun zweifellos feststĂŒnde. Das hat
etwa auch Eder zu folgender Auslegung motiviert: âDaĂ Hanslick [âŠ] dem
Denken Herbarts zutiefst verpflichtet war, ist in den letzten Jahren grĂŒndlich
belegt worden.â FĂŒr Eder war Hanslick damit erneut âĂŒberzeugter Herbarti-
anerâ,149 und Grimm bemerkte ebenfalls: âMit der Veröffentlichung des Habi-
litationsgesuches Hanslicks wurde 1990 der quellenmĂ€Ăige Nachweis gegeben,
der Hanslicks Kenntnis der Schriften Herbarts belegt.â150
Dass Hanslicks Berufung auf Herbarts Theorien jedoch schlicht aus poli-
tischen RĂŒcksichten opportun gewesen war und dieser sich damit die fĂŒr ihn
errichtete Lehrstelle zu sichern glaubte, wurde schon von Grimm eigens erör-
tert: Sie zeichnet minutiös den herbartianischen Protektionismus im österreichi-
schen Bildungswesen nach, ohne den die Professur Hanslicks â der einzig einen
juristischen Bildungsgang ohne philosophische Spezialbildung abgeschlossen
hatte â wohl niemals möglich gewesen wĂ€re.151 Dies lĂ€sst aber eine genauso
147 Zu Hanslicks Professur siehe vor allem: Gernot Gruber, âTradition und Herausforde-
rung. Historische Musikwissenschaft an der Wiener UniversitĂ€tâ, in ĂMZ 53/10 (1998),
S. 8â19; ders. und Franz Födermayer, âMusikwissenschaftâ, in Acham, Geschichte (wie
Anm. 47), Bd. 5, S. 339â401; Theophil Antonicek, âEduard Hanslick und die UniversitĂ€t
Wienâ, in Antonicek/Gruber/Landerer, Hanslick zum Gedenken (wie Anm.Â
10), S.Â
195â203.
Zu Hanslicks Seminaren vgl.: Dietmar StrauĂ, âVom Kaffeehaus zum Katheder. Hans-
licks Musikfeuilletons in der âPresseâ und das Studium der Musikgeschichteâ, in ders.,
Hanslick Schriften (wie Anm. 16), Bd. 3, S. 333â369; Peter Mahr, âGraz, Wien, Prag. Zur
universitĂ€ren Ăsthetik der Donaumonarchie. Vorlesungsverzeichnisse, Kurzbiographien
und Interpretationenâ, in Anspruch und Echo. Sezession und AufbrĂŒche in den KronlĂ€ndern zum
Fin-de-SiĂšcle. Philosophie in Ăsterreich (1880â1920), hrsg. von Michael Benedikt, Endre Kiss
und Reinhold Knoll, Klausen-Leopoldsdorf 1998, S. 793â816.
148 Hanslick nach StrauĂ, VMS Teil 2 (wie Anm. 22), S. 145.
149 Gabriele Eder, âEduard Hanslick und Guido Adler. Aspekte einer menschlichen und wis-
senschaftlichen Beziehungâ, in Seiler/Stadler, Kunsttheorie und Kunstforschung (wie
Anm. 137), S. 107â142, hier S. 124 und 134.
150 Grimm, Prager Zeit (wie Anm. 16), S. 145. Diese Lesart vertraten ebenfalls: StrauĂ, VMS
Teil 2 (wie Anm. 22), S. 23f.; Khittl, âHanslicks VerhĂ€ltnisâ (wie Anm. 118), S. 87â90;
Blaukopf, âEmpiristische Musikforschungâ (wie Anm. 90), S. 253.
151 Grimm, Prager Zeit (wie Anm. 16), S. 141â143. Diese Lesart findet sich auch bei: StrauĂ,
âKathederâ (wie Anm. 147), S. 362. Vgl.: Khittl, âHanslicks VerhĂ€ltnisâ (wie Anm. 118),
S. 90, der die ursÀchliche Verbindung der herbartianischen Unterrichtspolitik mit Hans-
licks Berufung auf Herbarts System ebenso dĂŒrftig reflektiert.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423