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1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung
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den man als inhĂ€rente Diskussion von Hanslicks Trennung des âInnermusika-
lischenâ vom âAuĂermusikalischenâ fassen könnte,201 die mit dem kontextfreien
Ăsthetikkonzept notwendig gekoppelt ist, hatte seine negative Rezeption bei
der ostdeutschen Musikforschung herbeigefĂŒhrt.202
Markus, dessen Monographie MusikÀsthetik die verbindliche Abhandlung
der marxistischen Theoriebildung reprÀsentierte,203 macht diese ablehnende
Perspektive besonders einsichtig. Hanslicks VMS-Traktat, der als das âgrund-
legende theoretische Dokument des musikalischen Formalismusâ charakteri-
siert wird, sei mit der destruktiven âbĂŒrgerlichen Musikideologieâ unmittel-
bar verflochten: âIn unseren Tagen, da sich der EinfluĂ des Formalismus auf
alle Zweige der bĂŒrgerlichen Kunst verstĂ€rkt, hat auch die bĂŒrgerliche Musik-
wissenschaft die Propaganda fĂŒr die Hanslickschen Ideen intensiviert.â204 Mar-
kus fasst dabei Hanslicks Hypothese gar als politische Agitation auf, die den
musikalischen Formalismus aus konservativen BeweggrĂŒnden als das domi-
nante Paradigma der europÀischen Musikkultur durchsetzen wollte, womit
Hanslick als der gefĂ€hrlichste Widersacher der ârichtigenâ Ăsthetik gesehen
werden mĂŒsste.205 Georg Knepler, der bei der kontrovers erwogenen Proble-
matik der âreinenâ Musik als Dahlhausâ Gegenpart gelesen werden könnte,206
auch: Musikwissenschaftlicher Paradigmenwechsel? Zum Stellenwert marxistischer AnsÀtze in der
Musikforschung, hrsg. von Wolfgang Martin Stroh und GĂŒnter Mayer, Oldenburg 2000;
Musikwissenschaft und Kalter Krieg. Das Beispiel DDR, hrsg. von Nina Noeske und Matthias
Tischer, Köln/Weimar/Wien 2010; Irmgard Jungmann, Kalter Krieg in der Musik. Eine
Geschichte deutsch-deutscher Musikideologien, Köln/Weimar/Wien 2011.
201 Obwohl vielfach kritisiert (Kap. 2.1 und Kap. 4.2), ist die definitorische Unterscheidung
im theoretischen Musikdiskurs weiterhin anerkannt und kann eine dauernde Resonanz
Hanslicks bezeugen: Dahlhaus, Absolute Musik (wie Anm. 52), S. 15 und 42. Vgl.: Klein,
Musikphilosophie (wie Anm. 64), S. 21f.
202 Diese Teilung wird etwa von Zofia Lissa kritisch erörtert: Fragen der MusikÀsthetik, Berlin
1954, S. 331â337; Ăber das Spezifische der Musik, Berlin 1957, S. 49â59; AufsĂ€tze zur Musik-
Àsthetik, Berlin 1969; Neue AufsÀtze zur MusikÀsthetik, Wilhelmshaven/Amsterdam/
Locarno 1975. Vgl.: Vladimir Karbusicky, Widerspiegelungstheorie und Strukturalismus. Zur
Entstehungsgeschichte und Kritik der marxistisch-leninistischen Ăsthetik, MĂŒnchen 1973;
Albrecht RiethmĂŒller, Die Musik als Abbild der RealitĂ€t. Zur dialektischen Widerspiegelungs-
theorie in der Ăsthetik, Wiesbaden 1976.
203 StrauĂ, VMS TeilÂ
2 (wie Anm.Â
22), S.Â
42. Zur Kritik dieser These siehe aber auch: Panaio-
tidi, âAlexandr Mikhailovâ (wie Anm. 29), S. 54â56.
204 Markus, MusikÀsthetik (wie Anm. 84), Bd. 2, S. 367, 383 und 388.
205 Ebda., S. 377 und 384. Markusâ Verdikt ist in der verfehlten Schematik âMarxismus =
Realismus/Fortschrittâ, âFormalismus = Idealismus/RĂŒckschrittâ befangen, welche des-
sen polemisierende Argumentation durchweg grundiert.
206 Zum Dahlhaus-Knepler-Konflikt siehe vor allem: Anne C. Shreffler, âBerlin Walls:
Dahlhaus, Knepler, and Ideologies of Music Historyâ, in JM 20/4 (2003), S. 498â525;
Mathias Hansen, âCarl Dahlhaus und das Politischeâ, in MĂ 47 (2008), S.Â
5â18. Vgl.: Alas-
tair Williams, Constructing Musicology, Aldershot u.a. 2001, S. 19f.; Deaville, âThrough
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423