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2. These und Exkurs: Hanslicks Methodik â Ăsthetik versus Kritik
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der Verfasser [âŠ] hĂ€ufig die Worte âAusdrĂŒckenâ, âSchildernâ, âDarstellenâ von
den Tönen u. dgl. arglos gebraucht, und man darf sie wohl gebrauchen, wenn
man sich ihrer Uneigentlichkeit streng bewuĂt bleibt, d.h. ihrer BeschrĂ€nkt-
heit auf symbolischen und dynamischen Ausdruckâ (VMS, S. 63f.).392 Hans-
licks Argument scheint jedoch keinesfalls vollstÀndig, da er sich auch bei inst-
rumentalen Kompositionen immer wieder affektiver Begriffe bediente, wenn
etwa der erste Satz der 3. Symphonie Beethovens fĂŒr ihn von âschmerzlicher
Resignationâ393 charakterisiert ist und ein StĂŒck Brahmsâ als âfeurig bis zur
Heftigkeit, bald trotzig herausfordernd, bald schmerzlich klagendâ394 gehört
wird.395 StrauĂ hat jedoch bereits bemerkt, dass Hanslicks Metaphorik wohl
auch fĂŒr die âreineâ Musik gelten mĂŒsse, da Hanslick âfĂŒr Ă€sthetische Untersu-
chungen einen streng objektbezogenen Wissenschaftsbegriffâ fordert, fĂŒr das
Feld der Kritik aber âeine auch auf den Leser zugeschnittene Sprache zulĂ€Ătâ,
womit diese angeblichen WidersprĂŒche verschwĂ€nden.396 Obgleich Hanslick
durch diese antizipierende EinschrÀnkung also eine drastische Diskrepanz von
theoretischer MusikÀsthetik und praktischer Musikkritik klÀren wollte, hatte
diese nachtrĂ€gliche Rechtfertigung von figurativen AusdrĂŒcken nicht ĂŒber-
all gĂ€nzlich ĂŒberzeugt. So war etwa Hanslicks BegrĂŒndung fĂŒr Kivy, der
im Jahr 1988 die âdeep contradiction in his own work, between the theorist
who denies and the critic, who by his actions affirms the expressive charac-
ter of musicâ betonte, keineswegs hinreichend.397 Kivy lieĂ zwar gelten, dass
Hanslicks Argument eine theoretische Inkonsistenz abgewendet hÀtte, glaubte
392 FĂŒr die philosophische Untermauerung von Hanslicks Metaphorik vergleiche prinzipi-
ell: Hanne Appelqvist, âOn Music, Wine, and the Criteria of Understandingâ, in NEJP
12/3 (2011), S. 18â35, hier S. 31â33.
393 Hanslick, Konzertsaal (wie Anm. 76), S. 94.
394 Hanslick, Moderne Oper 5 (wie Anm. 79), S. 149.
395 Hanslick erörtert mehrere Sonaten und macht nicht ganz klar, welche jeweils gemeint ist,
da er die âVioloncellsonate (op. 108)â mit obigen Worten metaphorisch charakterisiert.
Op. 108 ist die dritte Sonate fĂŒr Violine und Klavier (d-Moll). Er nennt davor aber die
zweite Sonate fĂŒr Violine und Klavier (A-Dur, op. 100), die zweite Sonate fĂŒr Cello und
Klavier (D-Dur, op. 99) sowie wenig spĂ€ter die â(dritte) Violin-Sonate in D-mollâ, also
eben op. 108. Ob hier eine inkorrekte Opuszahl oder doch ein falsches Instrument vor-
liegt, ist aus der figurativen Beschreibung nicht wirklich ableitbar, hier aber auch nicht
weiter zentral. Siehe dazu auch: Susan Gillespie, âEduard Hanslick: Brahmsâs Newest
Instrumental Compositions (1889)â, in Walter Frisch, Brahms and His World, Princeton/
Oxford 1990, S. 145â150, hier S. 150.
396 StrauĂ, VMS TeilÂ
2 (wie Anm.Â
22), S.Â
101. Vgl.: Grey, âHanslick, Eduardâ (wie Anm.Â
166),
S. 830; Payzant, Sixteen Lectures (wie Anm. 12), S. 50; Nick Zangwill, âAgainst Emotion:
Hanslick Was Right About Musicâ, in BJA 44/1 (2004), S. 29â43, hier S. 42.
397 Peter Kivy, âSomething Iâve Always Wanted to Know About Hanslickâ, in JAC 46/3
(1988), S. 413â417, hier S. 417. Zur folgenden Darstellung vergleiche prinzipiell: Wilfing,
âGefĂŒhl und Musikâ (wie Anm. 141), S. 43â45.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423