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2. These und Exkurs: Hanslicks Methodik â Ăsthetik versus Kritik
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That sachen fĂŒr Ă€sthetische Principien legen wir Verwahrung einâ (VMS,
S. 37). Diese Maxime, die in der zitierten ErklĂ€rung mĂŒndete, dass âder letzte
Werth des Schönen immer auf unmittelbarer Evidenz des GefĂŒhlsâ basiere,
belegt die nuancierte Disposition von Hanslicks Musikbild, das mit seinem Às-
thetischen Objektivismus nicht ident ist. Periphere Hinweise, dass Hanslicks
VMS-Traktat die emotionale Musikwirkung nirgends bestritten habe, kön-
nen bereits in Ă€lterer Literatur genĂŒgend gefunden werden,412 doch sind hieraus
niemals die erlĂ€uterten Resultate fĂŒr das intrikate VerhĂ€ltnis von Kritik und
Ăsthetik bei Hanslick gezogen worden. Also lese ich Hanslicks VMS-Traktat
als theoretische Grundlegung einer speziellen Perspektive auf die musikalische
Komposition, nicht als deren ontologische Bestimmung, die von anderen legi-
timen Aspekten der akademischen Musikforschung sorgfÀltig getrennt wurde,
welche differente Kontexte beleuchten und somit keinen direkten Gegensatz
zu seinen Ă€sthetischen Ăberlegungen implizieren. Die scheinbar disparaten
Methoden Hanslicks, die sich also nicht praktisch aufheben, sondern vielmehr
ergÀnzen und fraglos parallel laufen können, werden somit durch einen je spe-
zifischen Blickwinkel auf die musikalische Komposition untermauert. Da ein
bestimmtes MusikstĂŒck also nach rein Ă€sthetischen Eigenschaften âobjektivâ
analysiert oder unter einer völlig anderen Perspektive â z.B. im Hinblick auf
die emotionale Auswirkung â erörtert werden kann, sind Hanslicks vermeint-
lich unvertrÀgliche Ansatzpunkte durchaus vereinbar.413
Hanslick kann also bei der stringent objektiven Ausrichtung (âĂsthetikâ)
eine notwendige Verbindung von GefĂŒhl und Musik generell bestreiten, ohne
eine emotionale Beschreibung von seinen Kritiken grundsÀtzlich auszuschlie-
Ăen, da die jeweilige Perspektive auf den betroffenen Gegenstand essentiell dif-
feriert. Kivys Schluss, der den von ihm konstatierten âWiderspruchâ von theo-
retischer Voraussetzung und praktischer AusfĂŒhrung in Hanslicks TĂ€tigkeit
adĂ€quat erklĂ€ren möchte, trifft somit nicht zu: âEach time Hanslick confronts
a piece of real music, outside the philosopherâs closet, he becomes aware by
412 Ludwig Bischoff, âEduard Hanslickâ, in Niederrheinische Musikzeitung 3 (1855), S. 49â53,
57â60, 65â66 und 73â75, hier S. 58; Wallaschek, Tonkunst (wie Anm. 100), S. 141; Hugo
Goldschmidt, Die MusikÀsthetik des 18. Jahrhunderts und ihre Beziehungen zu seinem Kunst-
schaffen, ZĂŒrich/Leipzig 1915, S. 13; Ernst BĂŒcken, Geist und Form im musikalischen Kunst-
werk, Potsdam 1929, S. 34; Blume, âHanslick, Eduardâ (wie Anm. 168), Sp. 1491.
413 Newcomb betont hierzu: âEven Hanslick [âŠ] only proposed the elevation of internal syn-
tactical or structural relations to a primary position. He did not presume to apply this
position in the individual instance, as a piece of practical criticism.â Newcomb, âThose
Images That Yet Fresh Images Begetâ, in JM 2/3 (1983), S. 227â245, hier S. 231. Zu diver-
genten vorstellbaren Perspektiven auf die musikalische Komposition vergleiche einfĂŒh-
rend: Theodore Gracyk, âEvaluating Musicâ, in Gracyk/Kania, Philosophy and Music (wie
Anm. 155), S. 165â175.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423