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2.3. Legendenbildung: die absolute Ăsthetik Hanslicks
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tische Gesichtspunkte â Hanslicks Habilitation fĂŒr eine noch nicht existierende
Fachrichtung â als essentielle Motivation betrachtet werden mĂŒssen, wurde
zudem meistens verkannt.422 Dass Hanslick eine universitÀre Laufbahn sehr
frĂŒh angestrebt hatte, lĂ€sst sich nicht nur aus dem vorstehend erwĂ€hnten Kla-
genfurter âKathederdebĂŒtâ aus dem Jahr 1851 (Kap. 1.1) ablesen, sondern wird
auch durch seinen Kontakt mit dem Musiker Vesque von PĂŒttlingen bekrĂ€f-
tigt, dem Hanslick am 15.05.1851 seine diesbezĂŒglichen Vorstellungen brieflich
mitteilte: Dort wird von ihm die Lust an âaesthetische[r] BeschĂ€ftigungâ her-
vorgehoben, die ihn dazu gefĂŒhrt habe, sich âganz dem musikalisch-wissen-
schaftlichen Fach zu widmenâ, da er sich letztendlich âhabilitierenâ möchte.
Das kam ihm auch insofern gelegen, als Hanslick eine universitÀre Leerstelle
ausgemacht hatte: âIn dem groĂen Lektionskatalog der Wiener UniversitĂ€t, wo
so manches Fach doppelt besetzt ist, fehlt â die Aesthetik! FĂŒr Musikwissen-
schaft und musikal. Aesthetik geschieht noch weniger etwas, da gĂ€bâ es noch
ein freies Feld fĂŒr Jemand, der Tag und Nacht gern mit dem Studium die-
ser Wissenschaften zubringt.â423 Dass Hanslicks VMS-Traktat als disziplinĂ€re
Basisschrift aufgefasst werden mĂŒsste, die die schrittweise entstehende Musik-
wissenschaft von Naturwissenschaft und Geschichtswissenschaft methodisch
abgrenzen sollte, wurde bereits andernorts konstatiert,424 die praktische Kon-
sequenz dieser Gegebenheit jedoch zumeist verkannt, die die Grundlagen fĂŒr
ein autonomes Ă€sthetisches TĂ€tigkeitsfeld bereitstellte. Dieser Umstand fĂŒhrte
dann auch zum vorstehend diskutierten Verfahren einer problematischen Uni-
versalisierung der Àsthetischen Hypothesen von Hanslicks VMS-Traktat, die
aus ihrem vorsorglich begrenzten Zusammenhang herausgelöst und schlicht
absolut gesetzt wurden, was zahlreiche verbreitete IrrtĂŒmer gezeitigt hat, die
nun anhand mehrerer Beispiele diskutiert werden sollen.
Schon Hanslicks Fokus auf die spezifische MusikÀsthetik, die auf den ers-
ten Seiten seiner theoretischen Abhandlung konkretisiert wird, war immer
und zur musikwissenschaftlichen Funktion einer korrelativen Hermeneutik im Ausgang von Inter-
pretations- und Wissenschaftskonzeptionen bei Dahlhaus und Eggebrecht, Stuttgart 2006, S. 191.
422 FrĂŒhere Versuche dieser Deutung finden sich etwa bei: DamnjanoviÄ, âBegrĂŒnder der
MusikĂ€sthetikâ (wie Anm. 229), S. 724; Frank Hentschel, BĂŒrgerliche Ideologie und Musik.
Politik der Musikgeschichtsschreibung in Deutschland 1776â1871, Frankfurt/New York 2006,
S. 60; Basistexte MusikÀsthetik und Musiktheorie, hrsg. von Werner Keil, Paderborn 2007,
S. 229.
423 Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung I, H.I.N 31031. Auch hier gilt
mein Dank Clemens Höslinger, der mir die wörtliche Abschrift von Hanslicks Doku-
ment verfĂŒgbar gemacht hat.
424 Irmgard Jungmann, Sozialgeschichte der klassischen Musik. BildungsbĂŒrgerliche Musikanschau-
ung im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart/Weimar 2008, S. 46; Karnes, Challenge of History
(wie Anm. 131), S. 5; Boisits, âEduard Hanslicks Rechtfertigungâ (wie Anm. 339), S. 21.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423