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3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
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dern: Aus Vom Musikalisch-Schönen wurde The Beautiful in Music. Dieser Titel ist
erkennbar unprÀzise und widerspricht unmittelbar Hanslicks Intention, da er
gerade keinen universal-abstrakten Schönheitsbegriff (Das Schöne in der Musik)
setzen wollte, der auf die separaten Kunstarten erst nachtrÀglich angewendet
werden könnte, ohne auf die spezifischen Eigenheiten von singulÀren Gattun-
gen einzugehen. Vielmehr bezweckt Hanslicks VMS-Traktat die puristische
Konzeption einer streng spezifizierten musikalischen Kategorisierung (Vom
Musikalisch-Schönen), die die Àsthetische Konstitution der musikalischen Kom-
position en détail klÀren möchte.712 Besonders prÀgnant wurde diese wesentli-
che Programmatik mit der zweiten Auflage gefasst, wo er die âknechtische Ab-
hÀngigkeit der Special-Aesthetiken von dem obersten metaphysischen Princip
einer allgemeinen Aesthetikâ entschieden beanstandet, die mit der gegenteili-
gen Ăberzeugung konfrontiert wird, dass âjede Kunst in ihren eigenen techni-
schen Bestimmungen gekannt, aus sich sebst [selbst] heraus begriffen sein will.
Das âSystemâ macht allmĂ€lig der âForschungâ Platz und diese hĂ€lt fest an dem
Grundsatz, daà die Schönheitsgesetze jeder Kunst untrennbar sind von den
EigenthĂŒmlichkeiten ihres Materials, ihrer Technikâ (VMS, S. 23).713 Hans-
licks Ablehnung der idealistischen SystemĂ€sthetik fĂŒhrte ihn auf eine âWienerâ
Position, der etwa auch Grillparzer verpflichtet war (Kap. 1.3) und die fĂŒr jede
kĂŒnstlerische Ausdrucksform eine gesonderte Perspektive einfordert, welche
deren intrinsische Divergenzen unangetastet lasse:714
Den ĂŒbelsten Dienst, den man in Deutschland den KĂŒnsten erweisen konnte,
war wohl der, sie sĂ€mtlich unter dem Namen âder Kunstâ zusammenzufassen. So
viel BerĂŒhrungspunkte sie unter sich allerdings wohl haben, so unendlich ver-
schieden sind sie in den Mitteln, ja in den Grundbedingungen ihrer AusĂŒbung.
Am schlimmsten ist hierbei die Musik weggekommen. Den Verfertiger eines
Tonwerkes âTon-Dichterâ zu heiĂen, ist nicht um ein Haar vernĂŒnftiger als
wenn ich einen Dichter âWörter-Musikantâ nennen wollte.715
712 Wilfing, âGefĂŒhl und Musikâ (wie Anm. 141), S. 39f.
713 FĂŒr die generell objektive Einstellung von formalen Ăsthetiken, die hier eine philosophi-
sche Gegenposition zum idealistischen Systemdenken bildet, siehe etwa auch: Lambert
Wiesing, Die Sichtbarkeit des Bildes. Geschichte und Perspektiven der formalen Ăsthetik, Rein-
bek 1997, S. 27â46.
714 Die nun folgende Passage wird dann von Hanslick ab der sechsten Auflage aus dem Jahr
1881 beifÀllig genannt: VMS, S. 23. Grillparzers Bekenntnis zur spezifischen Kunst-
theorie mĂŒndete sogar darin, dass er eine ergĂ€nzende Abhandlung zu Lessings Laokoon
(âRossini oder ĂŒber die Grenzen der Musik und Poesieâ) plante: Grillparzer, Werke (wie
Anm. 141), Bd. 3, S. 897.
715 Ebda., S.Â
235. Zu Grillparzer, Hanslick, Lessing sowie einer medial differenzierten Kunst-
philosophie siehe etwa auch: Peter Horst Neumann, âEinige Bemerkungen ĂŒber Oper
und Volkslied und die Idee der Einheit von Musik und Dichtung von Lessings âLaokoonâ-
Fragmenten bis zu Richard Wagner und Heinrich Heineâ, in Jahrbuch der Jean-Paul-
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423