Seite - 174 - in Re-Reading Hanslick's Aesheticts - Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
Bild der Seite - 174 -
Text der Seite - 174 -
3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
174
Abhandlung als formales Manifest etablierte und bei der zweiten Auflage die
vorstehend behandelten Ănderungen herbeifĂŒhrte, wurde schon durch SchĂ€f-
ke erörtert, welcher bei der ersten Auflage mehrere markante âidealistische
Eierschalenâ konstatierte, die Hanslick sukzessive rĂŒckgebaut hĂ€tte.836 Da-
mit wurde nach Landerer ein âZwei-Phasen-Modellâ der Entwicklung von
Hanslicks Argument ausgerufen,837 bei dem der ehemalige âIdealismusâ vom
Herbartâschen âFormalismusâ unter Zimmermanns Einflussnahme abgelöst
worden sei,838 was als gĂ€ngiges Narrativ der âdeutschenâ Forschung betrachtet
werden mĂŒsste.839 Besonders Dahlhaus hatte diese typische ErklĂ€rung gestĂŒtzt
und hierbei bemerkt, dass sich Hanslick in der ersten Auflage auf die âphilo-
sophische Behandlung der Ăsthetikâ, in der neunten Ausgabe (1896) aber klar
auf die ânaturwissenschaftliche Methodeâ berief,840 wobei diese Stelle jedoch
bereits in der zweiten Auflage geÀndert worden ist (VMS, S. 21f.). Landerer
zeigte dann aber auf, dass eine derartige Wandlung keinesfalls konstatiert wer-
den könnte, denn auch die erste Auflage des Traktats handelt bereits von dem
âUmschwung in der Wissenschaftâ, der die metaphysische MusikĂ€sthetik mit
induktiven Haltungen substituiert, die den empiristischen Wissenschaften me-
thodologisch korrespondieren.841
Wenn Landerers EinwĂ€nde gegen Dahlhausâ Hypothese sich auch primĂ€r
daraus speisen, dass Hanslicks VMS-Traktat mit der empirischen Wissenschaft
â die von der eigentlichen MusikĂ€sthetik differenziert wird (VMS, S. 85 und
115f.) â kaum etwas gemein habe842 und Hanslicks VerstĂ€ndnis von Wissen-
schaft somit allein methodisch eingeordnet werden dĂŒrfte, blieben Hanslicks
836 SchÀfke, Eduard Hanslick (wie Anm. 21), S. 31.
837 Landerer, âĂsthetik von oben?â (wie Anm. 88), S. 42.
838 Glatt, Eduard Hanslick (wie Anm. 34), S. 75â79; Hanslick/Mehner, Vom Musikalisch-Schö-
nen (wie Anm.Â
30), S.Â
25â27; StrauĂ, VMS TeilÂ
2 (wie Anm.Â
22), S.Â
113; Blaukopf, Empiris-
tische Musikforschung (wie Anm. 90), S. 96; StĆĂteckĂœ, âFormalismusâ (wie Anm. 260),
S. 37f.
839 Siehe hierzu einige AufsÀtze von Blaukopf (1992, S. 716; 1997, S. 253f.; 1999, S. 49; 2000,
S. 190f.), Boisits (2004, S. 134; 2006, S. 231; 2006, S. 49) und Strauà (Hanslick Schriften,
Bd. I/1, S. 312; Bd. I/2, S. 391f.).
840 Dahlhaus, âMusikalische Formbegriffâ (wie Anm. 55), S. 146. Vgl.: ders., MusikĂ€sthetik,
Köln 1967, S. 80f.; ders., âFormĂ€sthetik und Nachahmungsprinzipâ, in IRASM 4/2
(1973), S. 165â174, hier S. 165â168.
841 Landerer, âĂsthetik von oben?â (wie Anm. 88), S. 42f. Vgl.: StrauĂ, VMS Teil 2 (wie
Anm. 22), S. 33, 40 und 94; Landerer, Hanslick und Bolzano (wie Anm. 27), S. 87â94.
842 Zu Hanslicks Methodik, die nicht wirklich empirisch, sondern vielmehr âobjektivâ
beschaffen war, siehe vor allem: Blaukopf, Empiristische Musikforschung (wie Anm. 90);
Landerer, âĂsthetik von oben?â (wie Anm. 88); Burford, âHanslickâs Materialismâ (wie
Anm. 64); Boisits, âEduard Hanslicks Rechtfertigungâ (wie Anm. 339); Noeske, âBody
and Soulâ (wie Anm. 652).
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423