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3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
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Abhandlung als formales Manifest etablierte und bei der zweiten Auflage die
vorstehend behandelten Änderungen herbeiführte, wurde schon durch Schäf-
ke erörtert, welcher bei der ersten Auflage mehrere markante „idealistische
Eierschalen“ konstatierte, die Hanslick sukzessive rückgebaut hätte.836 Da-
mit wurde nach Landerer ein „Zwei-Phasen-Modell“ der Entwicklung von
Hanslicks Argument ausgerufen,837 bei dem der ehemalige ‚Idealismus‘ vom
Herbart’schen ‚Formalismus‘ unter Zimmermanns Einflussnahme abgelöst
worden sei,838 was als gängiges Narrativ der ‚deutschen‘ Forschung betrachtet
werden müsste.839 Besonders Dahlhaus hatte diese typische Erklärung gestützt
und hierbei bemerkt, dass sich Hanslick in der ersten Auflage auf die „philo-
sophische Behandlung der Ästhetik“, in der neunten Ausgabe (1896) aber klar
auf die „naturwissenschaftliche Methode“ berief,840 wobei diese Stelle jedoch
bereits in der zweiten Auflage geändert worden ist (VMS, S. 21f.). Landerer
zeigte dann aber auf, dass eine derartige Wandlung keinesfalls konstatiert wer-
den könnte, denn auch die erste Auflage des Traktats handelt bereits von dem
„Umschwung in der Wissenschaft“, der die metaphysische Musikästhetik mit
induktiven Haltungen substituiert, die den empiristischen Wissenschaften me-
thodologisch korrespondieren.841
Wenn Landerers Einwände gegen Dahlhaus’ Hypothese sich auch primär
daraus speisen, dass Hanslicks VMS-Traktat mit der empirischen Wissenschaft
– die von der eigentlichen Musikästhetik differenziert wird (VMS, S. 85 und
115f.) – kaum etwas gemein habe842 und Hanslicks Verständnis von Wissen-
schaft somit allein methodisch eingeordnet werden dürfte, blieben Hanslicks
836 Schäfke, Eduard Hanslick (wie Anm. 21), S. 31.
837 Landerer, „Ästhetik von oben?“ (wie Anm. 88), S. 42.
838 Glatt, Eduard Hanslick (wie Anm. 34), S. 75–79; Hanslick/Mehner, Vom Musikalisch-Schö-
nen (wie Anm.Â
30), S.Â
25–27; Strauß, VMS TeilÂ
2 (wie Anm.Â
22), S.Â
113; Blaukopf, Empiris-
tische Musikforschung (wie Anm. 90), S. 96; StÅ™Ãtecký, „Formalismus“ (wie Anm. 260),
S. 37f.
839 Siehe hierzu einige Aufsätze von Blaukopf (1992, S. 716; 1997, S. 253f.; 1999, S. 49; 2000,
S. 190f.), Boisits (2004, S. 134; 2006, S. 231; 2006, S. 49) und Strauß (Hanslick Schriften,
Bd. I/1, S. 312; Bd. I/2, S. 391f.).
840 Dahlhaus, „Musikalische Formbegriff“ (wie Anm. 55), S. 146. Vgl.: ders., Musikästhetik,
Köln 1967, S. 80f.; ders., „Formästhetik und Nachahmungsprinzip“, in IRASM 4/2
(1973), S. 165–174, hier S. 165–168.
841 Landerer, „Ästhetik von oben?“ (wie Anm. 88), S. 42f. Vgl.: Strauß, VMS Teil 2 (wie
Anm. 22), S. 33, 40 und 94; Landerer, Hanslick und Bolzano (wie Anm. 27), S. 87–94.
842 Zu Hanslicks Methodik, die nicht wirklich empirisch, sondern vielmehr ‚objektiv‘
beschaffen war, siehe vor allem: Blaukopf, Empiristische Musikforschung (wie Anm. 90);
Landerer, „Ästhetik von oben?“ (wie Anm. 88); Burford, „Hanslick’s Materialism“ (wie
Anm. 64); Boisits, „Eduard Hanslicks Rechtfertigung“ (wie Anm. 339); Noeske, „Body
and Soul“ (wie Anm. 652).
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423