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3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986)
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demnach sekundäre Analogien und theoretische Widersprüche größtenteils
übergehen musste, kann aber keinesfalls nachweisen, dass Gurney Hanslicks
VMS-Traktat definitiv gelesen habe oder eine wirkliche Rezeption Gurneys
vorliege. Bujićs Hinweis, dass viele dieser thematischen Konvergenzen als
logisches Ergebnis von autonomistischen Kunstkonzeptionen gelesen wer-
den können,707 muss hier nochmals angeführt werden, um die problematische
Forschungslage zu dieser historischen Verbindung klarzumachen. Obwohl
Gurney bei der erwähnten Diskussion über eine gefährliche Loslösung der
Wagner’schen Instrumentation von verbindlicher struktureller Formgebung
Hanslicks Denkweise teilt (Kap. 1.5),708 er musikalische Programmatik mit
allen ihren poetischen sowie moralischen Implikationen skeptisch betrachtet709
und für ihn der wesentliche Gegenstand der ernsthaften Musikästhetik nur die
‚reine‘ Musik ist,710 bleibt dieses Urteil Bujićs noch immer richtig. Doch scheint
ebenso klar, dass argumentative Ãœberlappungen von Hanslicks Hypothese mit
The Power of Sound bis hin zu detaillierten Denkfiguren ausgemacht werden
können, die derart faßbar sind, dass – nach Kivy – eine gänzliche Unkenntnis
von Hanslicks VMS-Traktat schwerlich vorstellbar ist.711 Da diese historische
Problematik ohne eine gesonderte Erforschung von Gurneys Quellen jedoch
niemals behoben werden kann, sind alle vorstehend behandelten Schnittpunkte
mit dezidierten Vorbehalten aufzufassen. Trotz allem kann aber letztlich resü-
miert werden, dass Gurneys Konzept die produktive Aufnahme von Hanslicks
Argument im englischen Sprachraum beträchtlich erleichtern konnte, da es
Hanslicks VMS-Traktat trotz einer recht limitierten Verbreitung vor Cohens
Edition (1891) thematisch vorbereitete.
3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986)
Wenn eine textliche Rezeption von Hanslicks VMS-Traktat in The Power of
Sound auch nach den vorstehenden Ãœberlegungen als hypothetisch charakteri-
siert werden müsste, ist mit der englischen Übersetzung Gustav Cohens (1891)
eine eindeutige Grundlage für alle weiteren Analysen gegeben. Dabei sollte al-
lerdings reflektiert werden, dass jede frühe Deutung Hanslicks von den sprach-
lichen Eigenheiten dieser ersten Ãœbertragung beeinflusst wurde, deren spezi-
fische Verfassung nun genauer erörtert wird. Die auffallendste Entscheidung
von Cohen bestand fraglos darin, den Titel der Schrift entscheidend abzuän-
707 Bujić, „Year 1885“ (wie Anm. 635), S. 146.
708 Gurney, Power of Sound (wie Anm. 634), S. 301–303. Vgl. Kap. 5.1.
709 Ebda., S. 349–379. Vgl.: VMS, S. 85–89 und 132–135.
710 Gurney, Power of Sound (wie Anm. 634), S. 336. Vgl. Kap. 2.3.
711 Kivy, Introduction to Philosophy (wie Anm. 356), S. 63.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423