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1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung
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soziokulturellen Kontextualisierung von Hanslicks Hypothese illustrieren,
welche damit nicht lediglich neuartig gelesen werden könnte, sondern ebenso
die ideologischen Bedingungen der Hanslick-Rezeption verdeutlicht. Es ist
beinahe ironisch, dass hier die ‚apolitische‘ Musiktheorie von Hanslick im
Geist des habsburgischen Kronprinzenwerks für die politische Deutung seines
gesamten Schaffens verwendet wurde, die ein zentrales Element der anglopho-
nen Hanslick-Forschung repräsentiert (Kap. 4.2).
1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption
Es wurde schon in vorherigen Abschnitten ausgeführt, dass Hanslicks Argu-
ment von der ‚deutschen‘ Forschung vorwiegend historisch untersucht und
auf seine geistesgeschichtlichen Entstehungsbedingungen geprüft worden ist.
Mehners Vorwort zu seiner Edition von VMS aus dem Jahr 1982 konkretisiert
diese beschränkte Perspektive: „Wenn wir der Frage nachgehen wollen, welche
Bedeutung die Hanslickschen musikästhetischen Ideen für unsere Gegenwart
haben können, dann muß zuvor die ihnen zugrunde liegende historische und
soziale Realität bestimmt, muß der Zusammenhang dieser Ideen mit den Tra-
ditionslinien philosophischen und ästhetischen Denkens erörtert werden.“226
Landerer hat deutlich gemacht, dass man die geschichtlichen Traditionslinien
nur mit Blick auf die Vorläufer Hanslicks zog und die historischen Auswirkun-
gen von Hanslicks Hypothese selten Thema waren. Mit der „ausschließlichen
Ausrichtung auf Fragen der Entstehungsgeschichte bzw. der Interpretation von
Hanslicks Ideen“ zeige sich also eine offenkundige „Einseitigkeit der bisher be-
triebenen Hanslick-Forschung“, die darin münde, dass „Fragen der Wirkungs-
geschichte […] bis heute völlig vernachlässigt worden“ sind.227 Wie bereits ge-
sagt, stimmt Landerers Diagnose aus dem Jahr 1993 mit dem gegenwärtigen
Forschungsstand aber nicht mehr vollends überein, was vor allem dessen eige-
nen Arbeiten geschuldet ist, die die Hanslick-Rezeption seit etwa zweieinhalb
Jahrzehnten punktuell analysieren.
In seiner ersten Arbeit aus dem Jahr 1993 ist der zweite Aufsatz dem geisti-
gen ‚Nachleben‘ Hanslicks gewidmet, welches gemäß seiner Analyse von kon-
textuellen Rahmenfaktoren mit der österreichischen Geistesgeschichte starten
musste. Im Sinne einer ‚regionalen‘ Schulbildung werden – ohne eine ausdrück-
liche Hanslick-Rezeption anzunehmen – von ihm Edmund Husserl und die
philosophische Phänomenologie entsprechend untersucht, mit der Hanslicks
226 Hanslick/Mehner, Vom Musikalisch-Schönen (wie Anm. 30), S. 12.
227 Landerer, „Bolzano, Hanslick, Objektivismus II“ (wie Anm. 11), S. 20.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423