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1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung
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1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-
Traktat
Mit der geschichtlichen Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat,
deren Beginn um das Jahr 1990 datiert werden könnte, sind auch tragfähigere
Bedingungen für die dominierende Fragestellung im deutschen Sprachraum
eruiert worden: Wer hat Hanslicks Hypothese letztlich geprägt? Besonders
Landerers Analysen zur graduellen Entstehung der ästhetischen Abhandlung,
die auch teils am habsburgischen Cultusministerium unter Graf Leo Thun ver-
fasst worden ist,156 haben soziokulturelle beziehungsweise bildungspolitische
Erklärungsansätze gewinnbringend implementiert. Neben jenem Problem der
Vorläufer von Hanslicks VMS-Traktat, das für inhaltliche Deutungen ledig-
lich bedingt nützlich scheint, hat die ‚englische‘ Diskussion ähnlich gelagerte
Ansätze entwickelt, die als ein ‚cultural turn‘ der Hanslick-Forschung gefasst
werden können.157 Dieser Befund kann etwa durch einen knappen Vergleich
der Kongressbände zu Hanslick punktuell bekräftigt werden, die auf dispara-
ten Methoden basieren. Während Eduard Hanslick zum Gedenken (2010) drei ka-
tegorial geschiedene Teilbereiche – ‚Hanslick im geistesgeschichtlichen Kon-
text: Ästhetik und Musikwissenschaft‘, ‚Biographie und Tätigkeit‘, ‚Hanslick
als Kritiker und Literat‘ – sozusagen ‚klassisch‘ aufgliedert, formuliert Rethink-
ing Hanslick (2013) mit den dort ausgewählten Überschriften bereits vorweg die
kulturgeschichtliche Gesamtausrichtung des Bandes: ‚Rules of Engagement‘,
‚Liberalism and Societal Order‘, ‚Memoirs and Meaning in Social Contexts‘,
‚Critical Battlefields‘. Vier Texte, die wegen ihrer identischen Fragestellung
für den direkten Vergleich besonders förderlich scheinen – Oswald Panagl
und Lauren Freede zu Hanslicks Memoiren sowie Harald Hebling und Dana
Gooley zu Hanslicks Bewertung der Wiener Operette – sollen diesen metho-
dischen Antagonismus veranschaulichen.
Während Panagls Aufsatz – neben seiner minuziösen Referierung und
detaillierten stilistischen Besprechung von Hanslicks Memoiren – Aus mei-
nem Leben in die historische Überlieferung der repräsentativen Autobiogra-
phie (Augustinus, Casanova, Rousseau) einordnet,158 analysiert Freedes Auf-
156 Khittl, „Hanslicks Verhältnis“ (wie Anm. 118), S. 87; Grimm, Prager Zeit (wie Anm. 16),
S. 141f.; Landerer, „Österreichische Geistesgeschichte“ (wie Anm. 18), S. 57–59. Zu
Landerers Bedeutung für die kontextuelle Neuausrichtung siehe etwa auch: Matthew
Pritchard, „Rethinking Hanslick: Music, Formalism, and Expression. Ed. by Nicole
Grimes, Siobhán Donovan, and Wolfgang Marx“, in ML 94/2 (2013), S. 349–352, hier
S. 352.
157 Landerer/Wilfing, „Hanslick“ (wie Anm. 3).
158 Oswald Panagl, „Eduard Hanslick als Autobiograph“, in Antonicek/Gruber/Landerer,
Hanslick zum Gedenken (wie Anm. 10), S. 181–193.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423