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4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte, Vertreter
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die ‚reiner‘ Musik eine dezidierte Bedeutung zuschreibt.1142 McClary verankere
hingegen das angesetzte ‚Programm‘ in der musikalischen Strukturierung:
„For McClary, most of the time, music is still music, and not literature.“1143
Zangwill stört aber nicht, dass auch ‚reine‘ Musik inhaltlich verstanden, son-
dern einzig, dass „embodying meanings“ zur Kernfunktion von Musikstücken
erklärt werde: „Music is reduced to literature.“1144 Zangwill legt McClarys
Gender-Studien somit nicht als substantielle Beschreibung von Musik, son-
dern vielmehr als kritische Diagnose des maskulinen Musikdiskurses aus, was
das Argument erheblich verschiebt, da McClarys Arbeiten nun als „metapho-
rical descriptions of aesthetic properties“ fungieren.1145 Da McClarys Exegese
also gegen ihre originale Intention ‚nur‘ als figurative Schilderung von ‚rei-
ner‘ Musik und als kritische Analyse der diskursiven Sprechweise über selbige
gefasst wird, wäre sie mit Hanslicks Argument theoretisch kompatibel, wenn
VMS nicht absolut gesetzt und als objektive Definition von Musik gilt, denn
„what music can mean differs from what it does mean“:1146
A formalist can happily embrace the kind of descriptions that McClary gives to
the music, as opposed to her literalist philosophical reconstruction of what she
thinks she is doing in doing so. Gendered descriptions of music are metaphors
for describing aesthetic properties of the music. Literally, there is no gender in
the music, but gendered descriptions of it may be effective metaphors. Hence
McClary’s insistence on the actuality and appropriateness of gender descriptions
turns out to be compatible with formalism. Hanslick and McClary can sing in
harmony with each other.1147
4.3. Hanslick, der Formalist: adäquate Kategorie oder leerer
Begriff?
Aus den Erwägungen zur Verbindung von Hanslicks VMS-Traktat mit Bell,
Kant, Schenker und der musikalischen Strukturanalyse ist ersichtlich gewor-
den, dass Forscher eine individuelle Konstruktion ‚des‘ ästhetischen Forma-
1142 Calella, „Was übrig bleibt“ (wie Anm. 815), S. 89.
1143 Zangwill, „Re-Centering Musicology“ (wie Anm. 1141), S. 239.
1144 Ebda., S. 233. Für die analoge Reserve Kramers gegenüber Tomlinsons Arbeitsweise, die
für ihn zur „musicology without music“ führt, siehe auch ihre Debatte in Current Musi-
cology 53 (1993).
1145 Zangwill, „Friends Reunited“ (wie Anm. 1126), S. 66.
1146 Herzog, „Musical Meaning“ (wie Anm. 353), S. 304.
1147 Zangwill, „Friends Reunited“ (wie Anm. 1126), S. 69. Siehe dazu auch Peter Kivy,
„‚Absolute Music‘ and the ‚New Musicology‘“, in ders., New Essays (wie Anm. 399),
S.Â
155–167, der das ‚strukturelle Musikhören‘ nur als eine mögliche Rezeption von ‚reiner‘
Musik fasste, die aus differenter Perspektive inhaltlich verstanden werden könnte.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423