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3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption
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3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of
Sound
Wenn diese amimetische Musikästhetik, die für ‚reine‘ Musik eine autonome
Wertigkeit einfordert, die ‚englische‘ Rezeption von Hanslicks VMS-Traktat
tiefgreifend begünstigen konnte, ist deren erstes wichtiges Resultat Edmund
Gurneys The Power of Sound (1880).623 Gurney, der außer seiner Leidenschaft für
das Musizieren auch rege an zahlreichen empirischen Wissenschaften interessiert
war und sich neben seinen medizinischen Schwerpunkten mit Physik, Physio-
logie, Psychologie etc. intensiv befasste, hat den Grundstein für die anhebende
Entwicklung einer wissenschaftlichen Musikpsychologie gelegt, welcher von
mehreren etablierten Wissenschaftlern – z.B. William James und James Sully
– äußerst positiv bewertet wurde.624 Während Smiths Artikel vor allem durch
‚deutsche‘ Autoren erforscht wurde, scheint Gurneys Ästhetik großteils unbe-
kannt, was sich auch darin zeigt, dass die MGG keinen eigenen Beitrag zu Gur-
ney enthält,625 während The Power of Sound von anglophonen Musikautoren als
„one of the finest studies in musical philosophy and psychology to emerge from
the nineteenth century“,626 als „one of the most original and important treatises
on musical aesthetics ever written“627 und als „the first complete and persuasive
version of musical formalism“628 gelobt wurde. Ob Gurneys Konzept aber auch
als „most impressive, thorough and carefully argued work ever written on musi-
cal aesthetics“ gelten könne, wie Budd sagt,629 oder Gurney als der „most com-
petent writer in the field“ gefasst werden müsse, wie Roger Scruton vertritt,630
ist wohl eher nebensächlich und einseitigen Wertungen geschuldet. Da aber auch
Epperson behauptet, dass Gurneys Ästhetik Hanslicks VMS-Traktat qualitativ
623 Zu Gurneys Biographie und allgemeinen Einordnung vergleiche prinzipiell: Gordon
Epperson, „Gurney, Edmund“, in New Grove, London 1980, Bd. 7, S. 853; William J.
Gatens, „Gurney, Edmund“, in New Grove², London 2001, Bd. 10, S. 594–595.
624 Zu Sullys Beifall für Gurneys Analyse siehe etwa auch: William J. Gatens, „Fundamen-
tals of Musical Criticism in the Writings of Edmund Gurney and His Contemporaries“,
in ML 63/1–2 (1982), S. 17–30, hier S. 18–22.
625 Für periphere Angaben zu Gurneys Ästhetik siehe aber etwa: Auhagen, Studien (wie
Anm. 38), S. 196–198; John Caldwell, „England“, in MGG², Kassel u.a. 1995, Sachteil
Bd. 3, Sp. 27–73, hier Sp. 69; Einfalt/Wolfzettel, „Autonomie“ (wie Anm. 598), S. 433.
626 Gatens, „Musical Criticism“ (wie Anm. 624), S. 18.
627 Rollo Myers, „Edmund Gurney’s ‚The Power of Sound‘“, in ML 53/1 (1972), S. 36–43,
hier S. 36.
628 Kivy, Introduction to Philosophy (wie Anm. 356), S. 65.
629 Malcolm Budd, „Gurney“, in Gracyk/Kania, Philosophy and Music (wie Anm.Â
155), S.Â
371–
379, hier S. 371.
630 Roger Scruton, The Aesthetic Understanding: Essays in the Philosophy of Art and Culture,
London/ New York 1983, S. 34.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423