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1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie
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der dritte Band von Vischers Konzept („Musik“) erst drei Jahre nach Hanslicks
VMS-Traktat ediert wurde. Einen handfesten Quellenbeleg für die durch-
aus denkbare Verbindung, die mit einigen Briefen verbürgt ist,85 hat aber erst
Titus’ Arbeit geliefert,86 die den rar gesäten Schriften über Hanslicks Vorläufer
angehört, die methodisch überzeugen, und die plausibel nachweist, dass Hans-
licks Hypothese zur historischen Entwicklung des musikalischen ‚Material-
stands‘ von Vischers Ästhetik geprägt worden ist (Kap. 2.1).87
1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie
Ungeachtet der Problematik der bisherigen historischen Beschäftigung mit
Hanslicks VMS-Traktat sind aber viele der erreichten Ergebnisse keinesfalls
fehlerhaft, sondern lediglich kontextlos, was ein enormes Segment der ‚deut-
schen‘ Hanslick-Forschung überholt scheinen lässt. Ein letztendlich zutreffen-
des Rechenergebnis kann auch dann erzielt werden, wenn seine Herleitung
inkorrekt gewesen ist. Die von mir anempfohlene Zurückhaltung bei gedank-
lichen Schnittmengen von Hanslicks Argument mit einigen anderen Auto-
ren wird auch dadurch bestätigt, dass ungeachtet zahlreicher Anstrengungen,
Hanslicks VMS-Traktat aus singulären Vorbildern abzuleiten, bis heute keine
gänzlich schlüssige Diagnose gelungen ist. Dies kann aber zumindest teilweise
dadurch erklärt werden, dass eine schlussendlich unentbehrliche Kontextua-
lisierung von Hanslicks Positionen meistens versäumt und inhaltliche Paral-
lelen zu diversen früheren Ästhetikern als singulärer Gradmesser für histori-
sche Beziehungen angesehen wurde. Landerer bemerkte mehrfach, dass „das
völlige Fehlen eines allgemeinen Forschungskonsenses“ auf die „beispiellose
Einseitigkeit“ zurückgeführt werden könnte, „mit der die maßgebliche For-
schung bis in die jüngste Zeit hinein betrieben wurde“:
Sinn. Zur Vorgeschichte des Prager Formalismus und Strukturalismus“, in Bohemia 33/1
(1992), S. 88–100, hier S. 90; Strauß, „Geburt der Ästhetik“ (wie Anm. 20), S. 394–396.
85 Sein Vater hat ihm die zwei eben publizierten Einzelbände von Vischers Ästhetik posta-
lisch zugesandt. Vgl.: Markus, Musikästhetik (wie Anm. 84), Bd. 2, S. 370; Hanslick/
Mehner, Vom Musikalisch-Schönen (wie Anm. 30), S. 11; Titus, „Quest for Form“ (wie
Anm. 58), S. 75.
86 Titus, „Quest for Form“ (wie Anm.Â
58). Siehe dazu auch ihre weiteren Arbeiten: Hegelian
Currents (wie Anm. 61), S. 89–103; „‚Die Nachwirkung vorher verklungener Töne‘. Edu-
ard Hanslick und Friedrich Theodor Vischer über die Historisierung des künstlerischen
Materials“, in Musik und kulturelle Identität, hrsg. von Detlef Altenburg und Rainer Bay-
reuther, Kassel u.a. 2012, Bd. 3, S. 294–300. Vgl.: Landerer/Zangwill, „Deleted Ending“
(wie Anm. 67), S. 91.
87 Wilfing/Landerer, „Hegelianismus“ (wie Anm. 56), S. 327f.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423