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3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986)
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Eingriffe für die ‚englische‘ Rezeption durchaus nicht folgenlos. Denn wenn
auch eine elementare Veränderung von Hanslicks Grundthese nirgends ent-
deckt werden kann, liest sich Hanslicks Argument in späteren Varianten trotz-
dem wesentlich ‚trockener‘ als in der ersten Auflage mit den idealistischen
Textpassagen und dem romantisch anmutenden Schlussabsatz. Dieser wurde
zwar von Bujić, der eine gemischte Fassung aus erster und achter Auflage
erstellte, erstmals ins Englische übersetzt (1988),843 in zahlreichen Anthologien,
die Ausschnitte aus Hanslicks VMS-Traktat enthalten,844 jedoch generell igno-
riert, zumal diese meist auf Cohens Edition beruhen.845 Da Cohen und Payzant
als Ausgangspunkt ihrer Übertragungen jeweils spätere Ausgaben nutzten,
wobei Cohen logisch verfuhr und die damals neueste Auflage (1885) heranzog,
während Payzants Auswahl der achten Edition (1891) ziemlich beliebig wirkt,
war der originale Abschluss von Hanslicks Argument somit lange unbekannt.
Wenn Hanslicks Eingriffe zum gegenwärtigen Kenntnisstand der ‚deutschen‘
Forschung gehören und hiermit mehrere Facetten von Hanslicks VMS-Trak-
tat eröffnet werden, ist seine erste Auflage im englischen Sprachraum weitge-
hend unerforscht.846 Erst Bonds, der die Musikästhetik Deutschlands mehrmals
behandelte, hat die idealistischen Reminiszenzen der originalen Textversion
für ‚englische‘ Benutzer fruchtbar gemacht sowie deren praktische Bedeu-
tung als „ringing culmination of Hanslick’s entire treatise“ betont.847 Damit
ist für Hanslicks VMS-Traktat eine offenere Rezeption erreicht worden,
843 Bujić, European Thought (wie Anm. 155), S. 39.
844 Philosophies of Beauty: From Socrates to Robert Bridges, hrsg. von E. F. Carritt, Oxford 1931,
S. 180f.; Problems in Aesthetics: An Introductory Book of Readings, hrsg. von Morris Weitz,
New York 1959, S.Â
381–410; Art and Philosophy: Readings in Aesthetics, hrsg. von W.Â
E. Ken-
nick, New York 1964, S.Â
190–213; Philosophy of Art and Aesthetics: From Plato to Wittgenstein,
hrsg. von Steven M. Cahn und Frank A. Tillman, New York/Evanston/London 1969,
S. 389–396; Dickie/Sclafani, Aesthetics (wie Anm. 567), S. 407–422; Philosophical Issues in
Art, hrsg. von Patricia H. Werhane, Englewood Cliffs 1984, S.Â
430–433; Musical Aesthetics:
A Historical Reader, hrsg. von Edward Lippman, New York 1986–1990, Bd. 2, S. 265–307.
845 Dahlhaus/Katz, Source Readings (wie Anm. 776), Bd. 1, S. 385–392, erstellen dagegen eine
eigene Version des dritten Kapitels. Ruth A. Solie, Source Readings in Music History 6: The
Nineteenth Century, New York/London ²1998, S. 160–169, benutzt Payzants Fassung.
Auch hier wird dieser romantische Schlussabsatz der ersten Auflage aus dem Jahr 1854
folglich nirgends auf Englisch publiziert.
846 Zu Hanslicks VMS-Traktat, der als dynamisch verstanden werden müsste, siehe vor
allem: Landerer/Wilfing, „Dynamic View“ (wie Anm. 27), Kap. 5.
847 Mark Evan Bonds, „Idealism and the Aesthetics of Instrumental Music at the Turn of the
Nineteenth Century“, in JAMS 50/2–3 (1997), S.Â
387–420, hier S.Â
415. Vgl.: ders., Music as
Thought (wie Anm. 77), S. 108–110; „Aesthetic Amputations“ (wie Anm. 64); Absolute
Music (wie Anm. 31), S. 183–209. Zu Bonds’ Gewicht für die ‚englische‘ Forschung siehe
etwa auch: Grimes/Donovan/Marx, Rethinking Hanslick (wie Anm. 4), S. 2.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423