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4.2. Hanslick als Feindbild: Bell, Schenker und die ‚New Musicology‘
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gungen einzubeziehen,1136 was mit Charles Rosens Einwand korreliert, dass
‚New Musicologists‘ von der „inherent instability of musical meaning“ nichts
wissen wollen.1137 Wenn zudem andere Fachbereiche kontrastierend herange-
zogen werden, wird klar, dass hier wohl eine verspätete Wandlung der ame-
rikanischen Musikwissenschaft schlagend geworden ist, wie die analytische
Kunsttheorie demonstriert, für die Carroll im Jahr 2000 bereits wieder eine
markante Wendung zu ästhetischen Thematiken konstatierte: Da die ästheti-
sche Forschung über eine komplette Generation ein „almost exclusive mono-
poly of the [artwork’s] message“ geltend gemacht hatte, bei dem vor allem des-
sen ideologische Implikationen eruiert wurden, wäre eine Korrektur geboten,
und „the name for that corrective is aesthetics“.1138
Es ist folglich ironisch, dass der wohl wichtigste Kritikpunkt gegenüber
Schenkers Methodik – die ahistorische Ausrichtung – auch auf die kontextfreie
Hermeneutik von Autoren wie McClary zutrifft, die subjektive Aussagen gene-
riert, wie ihr Bach-Text zeigt. Hier wird wissenschaftliche „deconstruction“
als politische Handlung verstanden, die Bachs Werke hinsichtlich momenta-
ner Zielsetzungen aktualisieren soll, was für Taruskin mehr über McClarys
Agenda aussage als über die untersuchte Komposition1139 und bei ihr im folgen-
den Bekenntnis kulminiert: „I would propose the age-old strategy of rewriting
the tradition in such a way as to appropriate Bach to our own political ends.
[…] In actively reclaiming Bach and the canon in order to put them to our own
uses, we can also reclaim ourselves.“1140 Dass McClarys Position und Hanslicks
VMS-Traktat trotzdem vereinbar sind und die vermeintliche Gegnerschaft
auf der exklusiven Konstruktion des Objekts ‚Musik‘ beruhe, hat Zangwill
unlängst vertreten, der bei der postmodernen Musikwissenschaft eine „fear
of music“ bemerkt, welche durch Hanslick korrigiert werden könnte.1141 Auch
nach Calella ist Kramers Methode als literarische Musikexegese aufzufassen,
1136 Cook, Schenker Project (wie Anm. 33), S. 15. Dieser spricht hier von der „arguably perni-
cious influence“ von Adorno.
1137 Charles Rosen, Critical Entertainments: Music Old and New, Cambridge, Mass./London
2000, S. 270.
1138 Noël Carroll, „Art and the Domain of the Aesthetic“, in BJA 40/2 (2000), S.Â
191–208, hier
S. 191f.
1139 Taruskin, „Material Gains“ (wie Anm. 1126), S. 459f. Vgl.: ders., „Afterword: What
Else?“, in Representation in Western Music, hrsg. von Joshua S. Walden, Cambridge 2013,
S. 287–309, hier S. 292–294.
1140 Susan McClary, „The Blasphemy of Talking Politics During Bach Year“, in Leppert/
McClary, Music and Society (wie Anm. 1117), S. 13–62, hier S. 61f.
1141 Nick Zangwill, „Re-Centring Musicology and the Philosophy of Music“, in JAP 1/2
(2014), S. 231–240, hier S. 231f.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423