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4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte, Vertreter
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brauchbar.1248 Auch wurde schon mehrmals analysiert, dass Hanslicks Hypo-
these eine normative Hierarchie von Inhalt und Form dezidiert bestreitet, und
dass hier kein ontologischer Musikbegriff, sondern vielmehr eine perspektivische
Werkauffassung ausgearbeitet wird.
Eine alternative Definition hat die autonomistische Verfahrensweise diver-
ser formaler Ăsthetiker genutzt, um â wie Claire Detels durch ihren Titel
zeigt1249 â ein typisches Kriterium âdesâ Formalismus nachzuweisen, wenn auch
Meyer bereits betont hat, dass diese beiden Àsthetischen Standpunkte keinesfalls
koextensiv seien. Dieser hat vielmehr zwischen âabsolutistsâ und âreferentia-
listsâ unterschieden, wobei erstere die Meinung vertreten, dass âmusical mean-
ing [âŠ] exclusively within the context of the work itselfâ liegen wĂŒrde, letz-
tere jedoch darauf pochen, dass âreineâ Musik auf âconcepts, actions, emotional
states, and characterâ referiere.1250 Meyers Schema betont somit, dass Forma-
listen und Emotivisten als âabsolutistsâ gelten können, sobald sie die Bedeutung
des Kunstwerks als âintramusicalâ konzipieren, wobei jedoch formale Ăstheti-
ker die âreineâ Musik als âintellectualâ bestimmen.1251 Dennoch wurden diese
beiden Begriffe fortwÀhrend gleichgesetzt, wie Davies und Mothersill exemp-
larisch verdeutlichen: FĂŒr letztere besagte Ă€sthetischer Formalismus, dass âele-
ments which suggest or establish a link between the artwork and the world
should be disregardedâ,1252 und fĂŒr Davies reichen bereits autonomistische
Theoriemerkmale, um Beardsley entsprechend einzuordnen, der âartworks
as autonomous, as âstanding on their ownââ sah.1253 Wenn man die genannten
âFormalistenâ inhaltlich vergleicht, wird aber wieder schnell deutlich, dass auch
diese generelle Definition nicht deren angeblichen Formalismus demonstriert.
Wenn Bells These damit richtig getroffen ist, ist Kants Kritik der Urteilskraft
wegen ihrer VerknĂŒpfung von Kunst und Moral keineswegs formalistisch.
FĂŒr die Situierung Hanslicks als Autonomist wird eine schon nĂ€her erörterte
1248 Peter Kivy schreibt hierzu richtig: âThat Kant himself was a formalist, in the sense of
someone who thinks form is the only art-relevant property, is totally false.â Ancient Quar-
rel (wie Anm. 5), S. 30.
1249 Claire Detels, âAutonomist/Formalist Aesthetics, Music Theory, and the Feminist Para-
digm of Soft Boundariesâ, in JAC 52 (1994), S. 113â126.
1250 Leonard B. Meyer, Emotion and Meaning in Music, Chicago/London 1956, S. 1.
1251 Ebda., S. 2; Budd, Music and Emotions (wie Anm. 663), S. XIf.; Dziemidok, âArtistic For-
malismâ (wie Anm. 1004), S. 188f.; Nattiez, âHanslick: Immanenceâ (wie Anm. 957),
S. 106f.; Gaut, Art, Emotion, Ethics (wie Anm. 437), S. 11.
1252 Mothersill, Beauty Restored (wie Anm. 876), S. 222. Sie betont jedoch auch, dass Àstheti-
scher Formalismus keine stabile Theorie, sondern vielmehr âa loose association of doc-
trinesâ ausmache (ebda., S. 226).
1253 Davies, Definitions (wie Anm. 1208), S. 64. Vgl.: Szabados, Wittgenstein as Tone-Poet (wie
Anm. 238), S. 93â96.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423