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5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption
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GefĂŒhlsausbruch des individuellen Komponisten ab, sondern vielmehr â wie
Hanslick ebenfalls bemerkte â von der affektiven Disposition des gegebenen
Kunstwerks, die mit dem Rekurs auf die Intention des KĂŒnstlers keinesfalls zu
begrĂŒnden ist. Davies bringt hierzu das Beispiel des griechischen Schauspie-
lers, der die dargestellte Traurigkeit nicht durch âventingâ Ă€uĂerte, sondern
die traditionelle Gesichtsmaske prĂ€sentierte: âSuch an act does indeed express
her emotion, and does so in an elegant and sophisticated manner. But she suc-
ceeds only because the mask has an expressive character independent of her
use of it, so we cannot explain how it has that character by reference to her act
of expression.â1517 Sobald man die musikalische ExpressivitĂ€t als immanente
Eigenschaft des jeweiligen MusikstĂŒcks konzipiert, kann auch der genuinen
âexpression theoryâ keine systematische TragfĂ€higkeit zugesprochen werden,
zumal deren zentrale Annahme die eigentliche Problematik schlicht verfehlt.
Wenn man nun Hanslick EinwĂ€nde zur âarousal theoryâ1518 â âWhere E is
an emotion, M is the music, and L is the listener [âŠ]: M is E = M evokes E in
Lâ1519 â genauer bedenkt, muss zuerst erneut betont werden, dass von ihm die
affektive Wirkung von âreinerâ Musik niemals negiert wurde. Hanslick zwei-
felte lediglich ihre interpersonelle Verbindlichkeit und Àsthetische Bedeutung
an, da die âErkenntniĂâ eines Gegenstands sowie dessen subjektive Rezeption
sich grundlegend unterscheiden: Die âarousal theoryâ ist demnach âvielmehr
Gegenstand der Psychologie als der Aesthetik. Sei die Wirkung der Musik so
groĂ oder so klein als sie wolle â von ihr darf man nicht ausgehen, wenn man
das Wesen dieser Kunst zu erforschen unternimmtâ (VMS, S.Â
34).1520 Die âExis-
tenz dieser Wirkungâ ist fĂŒr Hanslick âunleugbar, wahrhaft und echtâ, man
muss aber zwei Probleme akkurat trennen: welche spezifische Verbindung von
1517 Davies, Musical Essays (wie Anm. 1412), S. 23. FĂŒr einige weitere Beispiele, die Daviesâ
Einwand ebenfalls vertreten, siehe hier etwa: Langer, New Key (wie Anm. 770), S. 173â
180; Beardsley, Problems in Criticism (wie Anm.Â
1245), S.Â
326â332; Davies, âTheory Againâ
(wie Anm. 1514), S. 156â160; Goldman, âEmotionsâ (wie Anm. 1465), S. 59f.; Sharpe,
Humanism (wie Anm.Â
1513), S.Â
8f.; Matravers, âExpression and Emotionâ (wie Anm.Â
1482),
S. 354; Zangwill, âAgainst Emotionâ (wie Anm. 396), S. 38; Kivy, Ancient Quarrel (wie
Anm. 5), S. 250; Kania, âMusicâ (wie Anm. 450), Kap. 3.1; Gracyk, On Music (wie
Anm. 968), S. 78f.
1518 Als besonders illustrative Fallbeispiele vgl.: John Nolt, âExpression and Emotionâ, in BJA
21/2 (1981), S. 139â150; Peter Mew, âThe Expression of Emotion in Musicâ, in BJA 25/1
(1985), S.Â
33â42. Beide Essays wurden speziell kritisiert: Robert Stecker, âNolt on Expres-
sion and Emotionâ, in BJA 23/3 (1983), S. 234â239; Ridley Aaron, âMr. Mew on Musicâ,
in BJA 26/1 (1986), S. 69â70. Vgl.: Davies, Musical Meaning (wie Anm. 450), S. 188â192.
1519 Ebda., S. 149. Vgl.: Kivy, Corded Shell (wie Anm. 673); ders., Sound Sentiment (wie
Anm. 414), S. 22. Bis S. 149 sind Kivys BĂŒcher ident.
1520 FĂŒr Hanslicks Beziehung zur Psychologie siehe etwa auch: Robert Tallant Laudon, âThe
Elements of Expression in Music: A Psychological Viewâ, in IRASM 37/2 (2006), S.Â
123â133.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423