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5.2. Musik, GefĂŒhl, Gedanke â das kognitivistische Emotionskonzept
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sen hierbei oft auf Oets Kolk Bouwsma hin, der musikalische ExpressivitÀt als
objektive QualitĂ€t definiert und von der âarousal theoryâ folglich abgrenzt:
âthe sadness is to the music rather like the redness to the apple, than it is like
the burp to the cider.â1528
Dieser Ansatz, der eher eine bewusste Persiflage der Erregungs-Hypothese
verkörpert, weil nur eine spezielle Variante der âarousal theoryâ tangiert wird,
kann mit dem zweiten Einwand aus Hanslicks VMS-Traktat ergÀnzt werden:
der, wie anglophone Philosophen formulieren, âheresy of the separable expe-
rienceâ.1529 Die Crux der gĂ€ngigen âarousal theoryâ besteht folglich darin, dass
musikalische ExpressivitÀt von der affektiven Affizierung des einzelnen Zu -
hörers abhÀngig gemacht wird, was musikalische Kunstwerke zur schlichten
Mediation von emotionalen Verfassungen machen könnte. Matravers will hier
wie Gurney (Kap. 3.4) gegen genau diesen Vorwurf vorgehen und modifiziert
demgemÀà die eigene âarousal theoryâ, sodass der freigesetzte Musikeffekt mit
dem Gehalt des StĂŒcks nicht zwingend identisch sein muss: âAs the arousal
theory distinguishes the emotion from the emotion attributed, it distinguishes
the emotion which the work arouses in us from the emotion that we attribute
to the work.â1530 Die Musik selbst bleibt indes rundweg ersetzbar, wie Hans-
lick bildhaft erlĂ€utert: âDas Ă€sthetische Merkmal des geistigen Genusses geht
ihrem Hören ab, eine feine Cigarre, ein pikanter Leckerbissen, ein laues Bad
leistet ihnen unbewuĂt was eine Symphonieâ (VMS, S. 129). Wie dieser spĂ€ter
erneut betont, waltet hier auch eine prinzipielle Problematik von âkausalen
Theorienâ vor, die adĂ€quat erklĂ€ren mĂŒssen, wie die musikalische Komposi-
tion neben jenen von ihr bewirkten GefĂŒhlen Ă€sthetisch wertvoll bleibt: Denn
wenn Musik nur als Werkzeug der Erregung gelte, höre sie auf âals Kunst zu
wirkenâ. Damit wĂ€re auch egal, âwelche Musik gemacht wird, wenn sie nur
den verlangten Grundcharakter hat. Wo aber GleichgĂŒltigkeit gegen das Indi-
viduelle eintritt, da herrscht Klangwirkung, nicht Tonkunstâ (VMS, S. 141f.).
Schon Casey hatte diese wesenhafte Problematik der âarousal theoryâ erwĂ€hnt:
Weil hier eine ârelative devaluation of the middle term [i.e. des kĂŒnstlerischen
1528 Oets Kolk Bouwsma, âThe Expression Theory of Artâ, in Philosophical Analysis: A Collec-
tion of Essays, hrsg. von Max Black, Ithaca/New York 1950, S. 75â101, hier S. 100.
1529 Dieser Begriff ist von Budd, Music and Emotions (wie Anm. 663), S. 125, 143f. und 152,
geprĂ€gt worden. FĂŒr die analytische BenĂŒtzung von Hanslicks Argument siehe hier
etwa: Ridley, Music, Value, Passions (wie Anm. 1077), S. 38â49; Scruton, Aesthetics (wie
Anm. 783), S. 145f.; Madell, Music and Emotion (wie Anm. 1465), S. 32, 57 und 99; Ridley,
âExpressionâ (wie Anm. 1508), S. 212; Neill, âArt and Emotionâ (wie Anm. 996), S. 422;
Nussbaum, Representation (wie Anm. 1406), S. 190, 214 und 247f.; Matravers, âArousal
Theoriesâ (wie Anm. 1524), S. 220f.
1530 Matravers, âFeelings and Emotionsâ (wie Anm. 676), S. 328. Vgl.: ders., Art and Emotion
(wie Anm. 676), S. 145â164.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423