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5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption
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Inkongruenz verschiedener musikalischer GefĂŒhlsbegriffe, sondern vertritt
einzig, dass auf ein gegebenes MusikstĂŒck mehrere teils kontrĂ€re Emotionen
passen können. Kivys These zum Konnex von GefĂŒhl und Musik ist hier aber
derartig abstrakt, dass kaum klar wird, ob Hanslick diese tatsÀchlich abgelehnt
hĂ€tte. Denn fĂŒr Kivy ist keineswegs wesentlich, dass zwei Menschen uneins
wĂ€ren, ob das Gesicht des Hundes âpetulant childish disappointmentâ oder
âdeep brooding melancholyâ signalisiere: âWhat is important for our purpo-
ses is the general agreement on all hands that the face of the Saint Bernard is
expressive of sadness and not joy. That is the kind and degree of agreement
required for the theory of musical expressiveness to be presented here.â1642
Dass man bei zwei gegensÀtzlichen Affektbegriffen (traurig/lustig) sicherlich
vermuten kann, dass eine weitreichende Einheitlichkeit bei der praktischen
Anwendung auf prÀsentierte GegenstÀnde vorherrscht, ist nicht der Punkt
von Hanslicks Argument. Denn wenn eine Komposition sĂŒĂ oder sauer, hart
oder weich, weiĂ oder schwarz genannt wird, kann eine (wohl verblĂŒffende)
Einhelligkeit zwischen mehreren Probanden ebenso erwartet werden. Ist nun
aber auch SÀuerlichkeit, Weichheit, SchwÀrze etc. ein objektives Spezifikum in
Kivys Sinne?1643
Ohne dieses gewiss zentrale Problem von binÀren Begriffen als wegwei-
send abzuwĂ€gen, konstatiert Kivy ein âgeneral agreement about gross distinc-
tions [âŠ]. That two critics should disagree about whether a theme is expres-
sive of ânoble griefâ or âabject sorrowâ does not worry me much.â1644 Es kann
aber schwerlich akzeptiert werden, dass diese Ă€uĂerst wichtige Differenz nur
als Frage der Perspektive klassifiziert wird, bei der zudem unklar scheint, wo
musikalische ExpressivitĂ€t von Kivy auf der âmepsâ-Ebene belegt worden ist
und wie die Abstufungen von Bestimmtheit â was sind âgepsâ, âmepsâ, âsepsâ und
worin liegen deren Grenzen â eindeutig separiert werden können.1645 Kivys
Fazit zu Hanslicks Hypothese, die ein âcomplete disarrayâ von emotionalen
Schilderungen identifiziere,1646 lautet trotz allem: âHanslick was absolutely
right in thinking that the argument from total [!] disagreement over the expres-
sive properties of music to the conclusion that music does not possess expres-
sive properties is a valid argument. What he was wrong about was thinking
1642 Ebda., S. 48.
1643 Zur wichtigen Differenz von âbesser passendâ und âobjektiv zwingendâ vergleiche prinzi-
piell: Appelqvist, âMusic Wineâ (wie Anm. 392), S. 33. Zu Daviesâ Position, der mit der
empirischen Psychologie argumentiert, siehe weiter unten.
1644 Kivy, Corded Shell (wie Anm.Â
673), S.Â
47. Vgl.: ders., âHanslick Denyingâ (wie Anm.Â
1599),
S. 7; ders., New Essays (wie Anm. 399), S. 95f.
1645 Ahonen, Musical Communication (wie Anm. 239), S. 92.
1646 Kivy, Introduction to Philosophy (wie Anm. 356), S. 26.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Titel
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Untertitel
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Autor
- Alexander Wilfing
- Verlag
- Hollitzer Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Abmessungen
- 16.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 434
- Schlagwörter
- Eduard Hanslick, Formalismus, MusikĂ€sthetik, Musik und GefĂŒhl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die âidealistischeâ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die âösterreichischeâ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang â Hanslicks âtönend bewegte Form[en]â 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik â Ăsthetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ăbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone MusikÀsthetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ăbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang â Hanslickâsche Rezensionen in Dwightâs Journal of Music 176
- 4. Was ist Ă€sthetischer Formalismus? â Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- AbkĂŒrzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423