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Mir erscheint der moderne Staat ohnehin schon längst wie ein Wahnsin-
niger, wie ein Kind, das mit dem Feuer spielt – der unter Kuratel gesetzt
werden muss! –
Lösch, 27. Mai 1856
Odpoledne 16. května [jsem] jel do Znojma.237 Mit Richard [Belcredi] im Auf-
trag Lažanskýs eine Angelegenheit besprochen, aus welcher klar hervorging,
dass L[ažanský] der unwissendste, gesetzunkundigste Statthalter auf dem
Erdenrund, dabei ohne allen sittlichen Ernst und Mut, kurz ein ganz er-
bärmliches, im Winde schwankendes Rohr ist.
Lösch, 29. Mai 1856
Gestern Vormittag Sitzung der Grundlasten-Ablösungskommission, dann
beim Statthalter gespeist. Nach Tische mit ihm in Angelegenheiten meines
Bruders Richard gesprochen. Da seiner unglaublichen Unwissenheit, Geset-
zesunkenntnis und dünkelvollen Eitelkeit nicht anders beizukommen ist, so
sagte ich ihm endlich die ganze Wahrheit, wie man über ihn denkt, mit den
härtesten Worten. Ich zweifle, dass je ein Mann in seiner Stellung solches
zu hören bekam. Zuletzt war er breiweich geschlagen, obwohl er sich den
Schein geben wollte, nicht nachzugeben.
Lösch, 18. Juni 1856
Darüber bin ich ganz mit mir im Reinen, dass Lažanský ein ganz unfähiges
und unwürdiges Subjekt ist, der alles demoralisiert und in dem Lande einen
sehr schädlichen Einfluss übt.
Es wäre ein Glück, wenn er beseitigt werden könnte. Denn selbst seine in-
stinktive Adelsprotektion wird von ihm so ausgeübt, dass sie diesem negativ
und positiv nur schadet.
Negativ dadurch, dass er täglich den Beweis liefert, dass man ein Graf
und dennoch ein Dummkopf, Ignorant und charakterloser Mensch sein
kann.
Positiv durch seine unterscheidungslose dumme Hinneigung, dem Stan-
desvorteil zu dienen, ohne um Klugheit und Recht sich zu kümmern.
Ein wahrer Edelmann begehrt aber von der Regierung, dass sie sein Recht
schützt, weil es ein Recht, nicht weil der Schutzsuchende ein Edelmann ist! –
Bei seinem plumpen, willkürlichen Einschreiten schadet er, wo er vielleicht
nützen will, wie z. B. in der Nikolsburger Jagdpachtgeschichte.238
237 Am Nachmittag des 16. Mai fuhr ich nach Znaim.
238 Dort ha
tten zwei Personen eine Jagd angemeldet. Auf ein Schreiben Fürst Dietrichsteins,
dass er die Jagd selbst in Anspruch nehmen wolle, ließ Lažanský, gegen das geltende
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115