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LÖSCH, 9. SEPTEMBER 1866 295
genieren, schimpfend und klagend, dass man ihn herbemüht. Endlich schritt
er zur heil[igen] Handlung. Und als die anwesenden Barmherzigen Schwes-
tern das Confiteor beteten, rief er immer: „Schneller, schneller!“ Das Volk
verwechselt leicht die Kirche und Geistlichkeit, und es ist ein Wunder Got-
tes, dass diese noch nicht alle Liebe für die Erstere ausgetilgt haben.
Lösch, 31. August 1866
Gestern Nachmittag in Brünn in meinem Büro gewesen.
Alles ist voll des Lobes der preuß[ischen] Johanniter. Wo waren die wah-
ren Johanniter, die katholischen? Die sind bei Castelfidardo geblieben, d. h.
ihre Ehre, denn das eigene liebe Ich haben sie schon lange keiner Gefahr
mehr ausgesetzt!
Unter den preuß[ischen] Offizieren überhaupt, allerdings größtenteils
Edelleuten, fand ich mehr konservative und religiöse Gesinnung als in uns-
rer Armee. Das Land und die Armee begann[en] dort den Krieg mit einem
Bußtag, und hier gingen viele von der kath[olischen] Mannschaft und die Of-
fiz[iere] in die Messe. Die Letzteren sind dafür bei uns schon zu „aufgeklärt“
und werden es durch die Lektüre der „Presse“ immer mehr.
Der Ausspruch ist wohl wahr, dass nirgends der Rationalismus auf kirch-
lichem und der Radikalismus auf staatlichem Gebiet ärger gewütet haben
als in Österreich.
Lösch, 2. September 1866
[Gestern] Nachmittag erschien wieder ein preuß[ischer] Quartier machen-
der Offizier, um für morgen 1 Ba[taill]on des 31. preuß[ischen] Inf[an]
t[rie]-Reg[imen]ts anzumelden.
Lösch, 6. September 1866
Am 3. kamen 3 Kompanien des 31. preuß[ischen] Inf[an]t[rie]-Reg[imen]ts
Major von Hagen. Leut[nant] G[ra]f Schulenburg und von Laval, Arzt und
68 Mann sowie die Offiz[iere]. – Pferde ins Schloss. Ihre Garnison ist Wei-
ßenfels bei Erfurt. Am 4. rückte noch dazu eine Batterie 4. Reg[imen]t ein.
Wieder 4 Off[iziere] samt Pferden ins Schloss.
Heute soll abermals eine Einquartierung kommen! Ein jeder quartiert
sich ein, wo und wie es ihnen beliebt. Unsre Behörden können oder wollen
nichts tun. Sie hätten ebenso gut noch fortbleiben können.
Lösch, 9. September 1866
Am 5. kam noch eine preuß[ische] Train-Kolonne her ins Quartier. Diese
marschierte am 7., die Batterie am 8. ab und heute Nachmittag um 4 U[hr]
verlässt uns die Inf[an]t[rie] des 31. Reg[i
men]ts.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115