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1873
Lösch, 5. Februar 1873
Ein großer Denker unserer Zeit hat gesagt: „Die Großen der Erde erniedri-
gen sich am Vorabend des Tages, wo die Kleinen sie erdrücken werden!“
Im vergangenen Jahre 1872 sind die Grafen Braida aus der Reihe der
mähr[ischen] Gutsbesitzer verschwunden. – Dafür [sind] einige Juden zu-
gewachsen; wenn auch der eh[e]m[alige] Braidische Besitz und zwar Zdisla-
wic887 von G[ra]fen Dubský888 und Šlapánic von Franz und Ernst G[ra]f[en]
Mittrowský erkauft wurde.889
Lösch, 11. Februar 1873
Oft habe ich schon adelige Eltern klagen hören, sie wüssten nun – eine Folge
der sozialen und politischen Störungen – mit ihren nachgeborenen Söhnen
nichts anzufangen!
Die Beamtenkarriere im konfessionslosen Raubstaat sei dem Edelmann
kaum mehr zugänglich und eine solche Beimischung besserer Elemente – so
wünschenswert und notwendig auch gerade jetzt – doch bei der allgemeinen
Korruption für das Ganze wirkungslos und für den Einzelnen aufreibend
und oft verderblich. Mit der Soldatenkarriere sei es kaum besser. – Leider
nur zu wahr.
Beruf des Adels ist es und bleibt es jedoch, in dem großen Kulturkampf
der Menschheit um ihre höchsten sittlichen Güter, im Kampfe für Wahr-
heit und Recht in den vordersten Reihen zu stehen. Es handelt sich daher
nur wesentlich darum, diese zu finden, um in dieselben eintreten zu können.
Drei Berufsklassen füllen – nebst dem Adel auf ererbtem Grundbesitz – die
vordersten Kampfesreihen aus, und zwar der Priester, der Lehrer und der
konserv[ative] Publizist. In einer oder der andern derselben wird auch der
nachgeborene Sohn des Edelmannes am passendsten eine Stelle finden.
Lösch, 16. März 1873
Am 20. bis 24. Jänner in Wien gewesen. Am 23. Audienz beim Kaiser zur
Überreichung der Petition der Brünner Jednota kat[olicko]-polit[ická]890
887 Früherer Eigentümer war Eugen Graf von Braida.
888 Käufer war Adolf Graf von Dubský. Das Gut war deshalb lange Zeit auch Wohnsitz seiner
(Halb-)
Schwester Marie von Ebner-Eschenbach.
889 Früherer Eigentümer war Moritz Graf von Braida. Die Grafen Franz und Ernst Mittrow-
ský wa
ren Söhne des Grafen Wladimir Mittrowský.
890 Der „Entwurf“ der Petition ist abgedruckt in: Das Vaterland, 18.1.1973, 1. Zur Überrei-
chung der Petition durch Belcredi vgl. Das Vaterland, 24.1.1873, 2.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115