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Für mich bleibt es gleich bedauerlich, da ich ihn im Abgeordnetenhaus
missen muss und es sehr beklage, wenn einer der wenigen Edelleute, die
ein Bauernmandat haben, darauf verzichten und wieder ein Landwahlbezirk
den Advokaten preisgegeben werden muss.
Lösch, 27. September 1879
Diese Berufungen ins Herrenhaus sind doch wieder ein schlagender Beweis
für die oben herrschende jämmerliche Halbheit! Sogar ein Jude musste dar-
unter sein, damit ja den Liberalen nicht zu weh geschehe.1395
Auch der Bismarckkultus der patriotischen Wiener war ekelerregend.
Und sogar der Kaiser machte ihn mit, trotzdem dass Bismarck aller Welt
verkündet hatte, sein Besuch gelte nicht ihm, sondern seinem Freunde
„Andrássy“!
So ist alle Festigkeit bis zur einfachsten Selbstachtung verschwunden.
Wien, 7. Oktober 1879
Heute Früh erzählte mir Ernst Fürstenberg, in der gestrigen Besprechung
bei Berchtold habe Ad[olf] Dubský die Bildung eines eigenen Klubs ange-
strebt, da er nicht recht wisse, wohin sich wenden. Nur Loudon und Vetter
hielten zu ihm. Er, Gudenau und wahrscheinlich Vetter würden sich zu Ho-
henwart, Hugo Salm jun. zu Scharschmid1396 wenden!
Ich bin im böhmischen Klub, und so wäre glücklich – die schöne Frucht
der Kompromisswahl – ein jeder wo anders. Ein glänzender polit[ischer] Er-
folg?
Wien, 8. Oktober 1879
Um 12 U[hr] die Thronrede im Zeremoniensaal der Burg. Durch Heinr[ich]
Clams Mühe und Verdienst unsern Ansprüchen gerecht.1397
Wien, 9. Oktober 1879
Heute ward im Abgeordnetenhaus unsre Erklärung resp. Rechtsverwah-
rung1398 gelesen. Die Verfassungstreuen ließen sie schweigend über sich er-
gehen. Im Herrenhaus glaubte Schmerling als Vater des öster[reichischen]
1395 Dabei handelte es sich um Baron Moriz Königswarter.
1396 Maximilian Freiherr von Scharschmid von Adlertreu (1831–1905), deutschliberaler Poli-
tiker, brachte in den achtziger Jahren den Antrag auf Festsetzung der deutschen Staats-
sprache ein; MbLT ab 1872, MöAH (1872–1897), MöHH ab 1897.
1397 Zum Wortlaut siehe StPAH, IX., Beil. 1, 1f. bzw. kolMer, Parlament und Verfassung 3,
15–17.
1398 Zum Wortlaut siehe StPAH, IX., 4f. (9.10.1879) bzw. kolMer, Parlament und Verfassung
3, 17f.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
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- 1884 700
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- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115