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1882620
Wien, 26. April 1882
Den ganzen Vor- und Nachmittag bis 3 Uhr Sitzung des Gewerbeausschus-
ses. Trotz des tätigen Obmanns von Zallinger und meiner Bemühungen lässt
die Majorität die greifbaren Verschleppungsbestrebungen der Liberalen zu.
Wir kommen nicht von der Stelle, und es ist zweifelhaft, ob wir auch diesmal
unsre Aufgabe vollziehen.
Wien, 7. Mai 1882
Vorgestern die 44. Sitzung des Gewerbeausschusses seit dem 16. Jänner.
Das hat noch kein Ausschuss fertig gebracht.
Jetzt soll er noch in Permanenz erklärt werden. Wäre bedenklich, da die
Majorität sicher nicht bliebe und die Liberalen, großenteils Wiener, in die
Majorität kommen könnten!
Wien, 11. Mai 1882
Nun ist doch wieder einige Hoffnung, mit der Gewerbegesetznovelle bis
Pfingsten fertig zu werden. Fehlte nicht allenthalben jedes Verständnis für
die Dringlichkeit und absolute Notwendigkeit sozialer Reform, so konnte es
längst sein.
Ich habe es übersatt, hier leeres Stroh zu dreschen. Ich bin zu alt und
habe nicht mehr die Kraft, die Sache in die Hand zu nehmen. Wäre ich der
Wahl an meine Stelle in dem herabgekommenen mähr[ischen] Gr[oß]grund-
besitz sicher, so legte ich heute noch mein Mandat nieder. Gearbeitet habe
ich aus allen Kräften und das Meine redlich getan.
Wien, 13. Mai 1882
3 Jahre sind wir nun Majorität, die nichts tut und erreicht, als eine Regie-
rung Taaffe zu stützen, die ihrerseits nichts tut, als sich selbst von einem
Tage zum andern zu konservieren. Hat es damit ein Ende, so können ruhig
die Liberalen den Platz wieder einnehmen, denn wir haben von ihren Wer-
ken keines zerstört. In den wichtigsten Dingen: Religion, Kirche, Schule, so-
zialpolit[ische] Reformen usw. geschah gar nichts.
Mit Dr. R[udolf] Meyer gespeist. Vielfach Anregendes mit ihm besprochen,
der mir Gudenus-Moravec zuführen will.1527
Wien, Christi Himmelfahrt 18. Mai 1882
Gestern die 51. Sitzung des Gewerbeausschusses und noch kein Ende.1528
1527 Gabriel Freiherr von Gudenus (1853–1915), der mit Meyer in Amerika gewesen war, der
sich entsetzt zeigte, als Gudenus dann doch für die Verfassungstreuen votierte.
1528 „Der Gewerbe-Ausschuß ist ein wahres Fegefeuer“, schrieb Belcredi am 4.5.1882 an Brandl.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115