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ten die Minister mit unbedeutenden, wenn nicht gegnerischen Referenten
und an Männer wie Baron Vogelsang, Dr. Rud[olf] Meyer denkt niemand!
Wien, 8. November 1882
Bei der Ersatzwahl für Bar[on] Walterskirchen zum Abgeordnetenhaus im
Städtewahlbezirk Aussee-Judenburg am 6. d. [M.] erlitt die Regierung wie
regelmäßig jedes Mal wieder eine Niederlage.
Es ward der Kandidat der Linken ohne alle Opposition gewählt.
Von einem Gegenkandidaten der Regierung oder der Konservativen, von
einer Regierungs- oder konservativen Minorität nicht einmal die Spur. Das
sollte doch zu denken geben?
Wie kann dieses Ministerium, dessen Halbheit und Grundsatzlosigkeit es
verschuldet, dass die Macht des Liberalismus, gestützt auf eine korrupte li-
berale Bürokratie und Presse, ungebrochen fortbesteht und die Wiedererlan-
gung der Herrschaft lediglich als eine Frage der Zeit betrachtet, nur auf eine
Auflösung des Abgeordnetenhauses und [an] Neuwahlen denken?
Nachmittag Wladimir sen. Mittrowský hier zu Besuch. Immer der alte
gute, aber heillos konfuse Kerl.
Lösch, 9. November 1882
Hat man je einen entthronten König ganz unangefochten weiter seine
Königsburg bewohnen und das Einkommen der Krongüter bezieh[e]n las-
sen?
Auch wir armen Dynasten bekleideten ein soziales und politisches Amt
und hatten als materielle Grundlage dieser Stellung unsre Landgüter.
Und für uns allein sollte eine Ausnahme bestehn, das Eigentum, für wel-
ches keine Gegenleistung besteht, und unsre Schlösser [sollten] belassen
werden?
Lösch, 14. November 1882
Als Folge der von den Liberalen streng aufrechterhaltenen sprachlichen
Trennung der Gymnasien zeigt sich schon jetzt die Bildung eines höchst be-
denklichen intelligenten Proletariats in den deutschen Bezirken Böhmens.
Böhmische, aber doch auch der deutschen Sprache mächtige Advokaten,
Notare, Ärzte etc. finden überall ihr Unterkommen, während dies bei den
deutschen, welche in der Regel die böhmische Sprache nicht erlernen wollen,
nicht der Fall ist. Infolgedessen überfüllen sie die deutschen Bezirke, und
so sollen in Trautenau allein 14 Advokaten sein! Diese müssen nun leben,
Prozesse hervorrufen und das Volk aussaugen. Geht auch dies nicht mehr in
legalen oder pseudolegalen Formen, so sind sie die fertigen Führer, Cadres
revolutionärer Banden.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115