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und alles vergessen. Ohne die Festigkeit und Ausdauer des Obmanns von
Zallinger brächte der Ausschuss gar nichts zustande.
Heute war G[ra]f Blome bei mir, der morgen im Herrenhaus die Gewerbe-
gesetznovelle als Berichterstatter zu vertreten hat. Sie ist in guten Händen
und gut, dass wenigstens er tüchtig in Sozialpolitik zu arbeiten beginnt. 1585
Wien, 18. Februar 1883
Vor den Weihnachtsferien des Abgeordnetenhauses sowie schon im Früh-
ling 1882 bei dem damaligen Sessionsschluss ward aus Anlass der Novelle
zum Gewerbegesetz mein Name von Freund und Feind vielfach genannt und
meine Ausdauer besprochen.
Dies lenkte die Aufmerksamkeit hoher und höchster Kreise – und auch
die des Kaisers – auf mich. Infolgedessen befiel mich die Angst, man könnte
auch mich zur Anzahl der modernen Streber zählen und mit einem Trink-
geld, einem Orden oder Geheimen Rat bedenken.
Ich gab deshalb dieser Furcht überall lautesten Ausdruck, sagte es direkt
dem Ministerpräsidenten, und ließ ihm es noch überdies durch Richard so
klar und deutlich als möglich sagen. Neulich war ich im Herrenhaus, als die-
ses Gesetz dort auf der Tagesordnung stand, und da sagte mir Alfons Mens-
dorff, er sei eben beim Kaiser gewesen, der sich lebhaft für die Gewerbere-
form interessiere. Mensdorff habe meinen eisernen Fleiß und [meine] zähe
Ausdauer erwähnt und der Kaiser zugestimmt.
Das war ein gewaltiger Schreck, und könnte eine schöne Bescherung ge-
ben!
Wien, 23. Februar 1883
Der Gewerbeausschuss ist der alte. Trotz aller Erfahrungen nichts gelernt
und alles vergessen. Weder ein sachliches noch ein politisches Verständnis
und gar keine Disziplin. Ob in diesem Sessionsabschnitt noch das so wich-
tige Arbeiterkapitel fertig wird, weiß Gott allein.
Diese Ausschussmajorität, die bald rechts, bald links stimmt und jede Be-
rechnung zuschanden macht, lässt mich es bezweifeln.
Lösch, 17. März 1883
Gestern beendeten wir nach 17 Tagen die endlose Budgetdebatte.
Vor Weihnachten währte jene über die Gewerbegesetznovelle durch volle
14 lange Sitzungen.
1585 Am 15.2.1883 wurde die Novelle mit kleinen, „meist textuellen“ Änderungen vom Herren-
haus akzeptiert und erhielt am 15.3.1883 die kaiserliche Sanktion.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115